Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bedarfsgemeinschaft. Partnerschaft auf Probe. Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. Kurzzeitigkeit des Zusammenlebens
Leitsatz (amtlich)
Eine Partnerschaft auf Probe, die erst seit sechs Monaten besteht, kann eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB 2 darstellen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 11. Mai 2009 aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt, ihm im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ab 29. April 2009 ohne Berücksichtigung des Einkommens der mit ihm in einer Wohnung lebenden Frau D. zu gewähren.
Der Antragsgegner hat den von dem Antragsteller, der zunächst bis zum 12. März 2009 Arbeitslosengeld I (Alg) bezog, am 12. Februar 2009 gestellten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abgelehnt (Bescheid vom 12.03.2009, Widerspruchsbescheid vom 23.04.2009), weil aufgrund des Einkommens von Frau D., die zur Bedarfsgemeinschaft gehöre, Hilfebedürftigkeit nicht vorliege. Dagegen hat der Antragsteller Klage bei dem Sozialgericht (SG) Osnabrück erhoben (S 22 AS 342/09), über die noch nicht entschieden worden ist.
Mit Beschluss vom 11. Mai 2009, auf den Bezug genommen wird, hat das SG Osnabrück den Antragsgegner auf den am 29. April 2009 vom Antragsteller gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung ab dem 29. April 2009 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 550,50 € bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 28. August 2009 zu gewähren.
Der Antragsgegner hat am 18. Mai 2009 gegen den am 14. Mai 2009 zugestellten Beschluss Beschwerde eingelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakte Bezug genommen. Neben der Prozessakte hat die den Antragsteller betreffende Verwaltungsakte des Antragsgegners vorgelegen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des SG Osnabrück vom 11. Mai 2009 ist begründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil die Voraussetzungen für die begehrte Regelungsanordnung nicht gegeben sind. Insbesondere fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würden (Anordnungsgrund). Sowohl die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer Regelungsverfügung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG liegen nicht vor, denn der Antragsteller hat seine Hilfebedürftigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Das heißt, es fehlt an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs, denn das Einkommen und Vermögen der Frau D. ist bei der Bedürftigkeitsprüfung des Antragstellers zu berücksichtigen. Zwischen dem Antragsteller und Frau E. besteht eine Bedarfsgemeinschaft und zwar in Form einer sogenannten Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft.
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhalten nach § 7 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Abs. 1 Satz 1) sowie die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen (Abs. 2).
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften, vor allem durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1).
Zur Bedarfsgemeinschaft ...