Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwillig versicherter Selbstständiger. Satzungsregelung über späteren Beginn des Krankengeldanspruchs verstößt nicht gegen höherrangiges Recht
Orientierungssatz
Eine Satzungsänderung, wonach der Anspruch auf Krankengeld für freiwillig versicherte Selbstständige erst ab dem 15. Tag der Arbeitsunfähigkeit bei gleichbleibender Beitragshöhe entsteht, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Änderung einer Satzungsregelung bezogen auf den Krankengeldanspruch freiwillig versicherter Selbständiger.
Der Kläger ist selbständiger Malermeister und war seit dem 1. Juli 1983 bei der Beklagten freiwillig versichert mit Anspruch auf Krankengeld ab dem ersten Tag nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Mit Schreiben vom 17. Juni 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ab dem 1. Juli 2003 eine Änderung ihrer Satzung wirksam werde, wonach bei gleichbleibender Beitragshöhe der Anspruch auf Krankengeld für freiwillig versicherte Selbständige erst ab dem 15. Tag der Arbeitsunfähigkeit entstehe. Alternativ könne der Kläger sich zu ermäßigten Beiträgen ohne Anspruch auf Krankengeld versichern oder mit Anspruch auf Krankengeld ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 9. Juli 2003 Widerspruch und machte geltend, dass der Versicherungsvertrag nicht ohne seine Zustimmung geändert werden könne. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 12. September 2003 zurück. Die zum 1. Juli 2003 wirksam gewordene Satzungsänderung sei von ihrem Verwaltungsrat beschlossen und von dem zuständigen Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit genehmigt worden.
Mit seiner am 29. September 2003 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Änderung der Satzung der Beklagten in Bezug auf seinen Krankengeldanspruch verletze Verfassungsrecht. Er habe mit seinen Beiträgen Anwartschaften erworben, die durch die Satzungsänderung entwertet würden. Als Kleinunternehmer mit nur einem Auszubildenden als Mitarbeiter sei er besonders schutzbedürftig, weil er im Krankheitsfalle selbst keine Arbeiten mehr verrichten und auch seinen Auszubildenden nicht einweisen könne. In der Folge fehle es an Einnahmen, so dass der wirtschaftliche Bestand seines Unternehmens gefährdet sei. In seinem Falle sei dies besonders bedeutsam, weil er in den vergangenen Jahren häufiger arbeitsunfähig krank gewesen sei, wobei die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit selten länger als zwei Wochen gedauert hätten.
Das Sozialgericht Hannover hat die Klage durch Urteil vom 29. Juni 2005 abgewiesen. Die Satzungsregelung über den Beginn des Krankengeldanspruchs freiwillig versicherter Selbständiger stehe mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in Einklang. Nach dem Gesetz könne die Satzung für freiwillig versicherte Mitglieder den Anspruch auf Krankengeld ganz entfallen oder zu einem späteren Zeitpunkt nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit entstehen lassen. Die Regelung verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere das Recht auf Gleichbehandlung werde nicht verletzt. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei es statthaft, bei Regelungen von Ansprüchen zwischen versicherungspflichtigen Mitgliedern und freiwillig versicherten Mitgliedern zu differenzieren. Der Gesetzgeber habe sich dabei davon leiten lassen dürfen, dass wegen unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auch von unterschiedlicher Schutzbedürftigkeit ausgegangen werden könne. Auch seien typisierende Regelungen bei der Ordnung von Massenerscheinungen verfassungsrechtlich zulässig. Die Eigentumsgarantie werde nicht verletzt, wenn der Anspruch auf Krankengeld erst ab der zweiten Woche der Arbeitsunfähigkeit beginne. Die Beitragssatzstabilität sei ein wichtiger Grund des Allgemeinwohls, der es rechtfertige, Einschränkungen bei der Gewährung von Krankengeldansprüchen freiwillig versicherter Selbständiger vorzusehen. Auch gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte werde nicht verstoßen. Soweit eine unechte Rückwirkung mit den geänderten Satzungsregelungen verbunden sei, würden dadurch Vertrauensschutztatbestände nicht verletzt. Das folge aus den gesetzlichen Bestimmungen, die sogar einen vollständigen Ausschluss des Krankengeldanspruchs zuließen. Der Kläger habe bei dieser Gesetzeslage nicht damit rechnen dürfen, einen Anspruch auf Krankengeld auf unabsehbare Zeit unter unveränderten Bedingungen zu haben.
Gegen dieses seinen Bevollmächtigten am 8. Juli 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Juli 2005 Berufung eingelegt. Die Änderung der Satzung der Beklagten und die damit verbundene Einschränkung des Anspruchs auf Krankengeld verstoße gegen höherrangiges Recht und sei daher ihm gegenüber unwirksam.
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 29. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten ... |