Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bedarfsgemeinschaft. Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. keine Widerlegung der Vermutung. Zuordnung des Eigentums an Hausrat

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dass sich die Eigentümerschaft an jedem Haushaltsgegenstand klar jeweils einem der Partner zuordnen läßt, steht der Vermutungsregel in § 7 Abs 3a Nr 1 SGB 2 nicht entgegen; wesentlich ist vielmehr die Einräumung des (Mit-)Gebrauchs.

2. Bei der Frage, ob eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB 2 vorliegt, kommt es auf eine Gesamtschau der Indizien mit ihrer Gewichtung und Bewertung an (vgl LSG Essen vom 21.4.2005 - L 9 B 6/05 SO ER = NJW 2005, 2253). Dabei kann auch das gemeinsame Freizeitverhalten von Bedeutung sein.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 3.November2006 wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - ohne Berücksichtigung des Einkommens des mit ihr in einer Wohnung lebenden Zeugen F..

Die im Juli 1980 geborene, ledige Antragstellerin und der im Januar 1979 geborene, ebenfalls ledige Zeuge bezogen zum 1. Dezember 2003 gemeinsam eine ca. 60 Quadratmeter Wohnfläche umfassende Zweizimmerwohnung in Oldenburg. Seinerzeit waren die Antragstellerin berufstätig und der Zeuge Student. Auf ihren Antrag hin bewilligte die Antragsgegnerin für den Bewilligungszeitraum vom 4. November 2005 bis zum 31. März 2006 der Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II, ohne dabei Vermögen oder Einkünfte des Zeugen, der gegenwärtig als Lehramtsanwärter berufstätig ist, zu berücksichtigen. Auf den Fortsetzungsantrag der Antragstellerin bewilligte die Antragsgegnerin zunächst keine Leistungen, da Angaben über die Einkünfte des Zeugen zunächst nicht gemacht und ein Hausbesuch abgelehnt worden waren.

Daraufhin hat die Antragstellerin am 1. Juni 2006 beim Sozialgericht - SG - Oldenburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, ihr Leistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung des Einkommens des Zeugen vorläufig zuzusprechen. Sie hat dazu ausgeführt, sie lebe mit dem Zeugen nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft, da es am erklärten Wille fehle, im Falle der Not einander Unterhalt zu leisten. Daraufhin fand am 4. September 2006 vor dem SG Oldenburg ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage mit der Antragstellerin und zur Beweisaufnahme mit dem Zeugen statt, bei dem die Wohn- und Wirtschaftsverhältnisse zwischen der Antragstellerin und dem Zeugen im Einzelnen erfragt wurden. Mit Bewilligungsbescheiden vom 13. Oktober und 1. Dezember 2006 bewilligte daraufhin die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen, bei deren Höhe sie jedoch die monatlichen Einkünfte des Zeugen als bedarfsmindernd absetzte. Die Bewilligungsbescheide umfassen den Bewilligungszeitraum vom 1. April bis 30. September 2006 und vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. März 2007.

Mit Beschluss vom 3. November 2006 hat das SG Oldenburg den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin lebe mit dem Zeugen in einer eheähnlichen Gemeinschaft, so dass die Berechnungsweise der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden sei. Es bestehe eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen ihnen, auch würden sie gemeinsam die Wochenenden miteinander verbringen, miteinander essen, teilweise füreinander waschen und die Wäsche bügeln sowie Weihnachten gemeinsam bei Verwandten feiern. Ein getrenntes Wohnen und Wirtschaften sei nicht feststellbar. Auch sei das Aussageverhalten der Antragstellerin und des Zeugen im Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin so gewesen, dass sich für das Gericht der Eindruck ergeben habe, eine eheähnliche Gemeinschaft liege vor.

Gegen den ihr am 8. November 2006 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 22. November 2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Sie macht geltend: Allein das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft sei in ihrem Fall ohne Bedeutung. Vielmehr handele es sich hier um eine typische Jugendbeziehung, die nicht von einem gegenseitigen Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens geprägt sei. Die Beziehung sei nicht auf Dauer angelegt. Tatsächlich seien in der Vergangenheit auch schon Konfliktsituationen eingetreten, die dazu geführt hätten, dass sie und der Zeuge sich vorübergehend getrennt hätten. Auch seien keine gemeinsamen Anschaffungen etwa hinsichtlich der Möbel oder sonstiger wesentlicher Gegenstände in der Wohnung gemacht worden; vielmehr ließe sich in der Wohnung ohne weiteres exakt jeder Gegenstand einer der beiden dort wohnenden Personen zuordnen. Der Umstand, dass sie gemeinsam teilweise die Freizeit verbringen würden - etwa im gemeinsamen Bekannten- und Freundeskreis oder bei einer gelegentlichen verwandtsch...

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