Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Beitragspflicht eines Hilfeempfängers in der Privaten Kranken- und Pflegeversicherung. gesetzliche Begrenzung des Zuschusses des Grundsicherungsträgers zu den Versicherungsbeiträgen auf die Beträge, die für einen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung Versicherten anfallen. Deckungslücke zwischen der Beitragslast des Versicherten einerseits und dem vom Grundsicherungsträger gewährten Zuschuss andererseits. Zahlung des ungedeckten Beitrages aus dem Regelsatz. Verfassungsmäßigkeit der Regelungen
Orientierungssatz
1. Aus den Regelungen des § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II und § 12 Abs. 1c S. 5 und 6 VAG ergibt sich für den Fall der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags zur privaten Krankenversicherung eine Verminderung des Beitrags für den Basistarif für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte. Dabei zahlt der zuständige Träger den Beitrag, der auch für einen Bezieher von Leistungen nach dem SGB II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist, § 12 Abs. 1c S. 6 HS 2 VAG. Der Zuschuss des Grundsicherungsträgers zu den Aufwendungen für eine private Krankenversicherung ist danach der Höhe nach auf den für einen Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Beitrag beschränkt.
2. Die gesetzlich vorgesehene, nur anteilige Bezuschussung der Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung führt zu einer Deckungslücke zwischen der Beitragslast des Versicherten einerseits und dem vom Grundsicherungsträger gewährten Zuschuss andererseits. Im Hinblick darauf sind § 12 Abs. 1c S. 6 HS 2 VAG sowie § 110 Abs. 2 S. 4 HS 2 SGB XI verfassungswidrig. Sie verstoßen gegen die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates zur Sicherstellung des Existenzminimums, welche aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG, iVm dem Sozialstaatsgebot, Art. 20 Abs. 1 GG, folgt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.12.2009 - L 15 AS 1048/09 B ER).
3. Bei den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung handelt es sich nicht um einen von der Regelleistung umfassten Bedarf, sondern um eine Annexleistung. Der Hilfebedürftige kann daher nicht darauf verwiesen werden, die Differenz zwischen den Zuschüssen und den tatsächlich zu zahlenden Beiträgen aus der Regelleistung zu bestreiten.
4. Ein Ruhen des Leistungsanspruchs eines Versicherungsnehmers nach § 193 Abs. 6 S. 4 VVG bei Bestehen von Beitragsschulden tritt zwar von vornherein nicht ein, wenn dieser bereits im Leistungsbezug nach dem SGB II steht und somit bereits hilfebedürftig ist. Er kann jedoch nicht darauf verwiesen werden, sich rechtsuntreu zu verhalten und gegen seine Verpflichtung zur Aufrechterhaltung seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu (im Basistarif) gesetzlich festgelegten Beiträgen zu verstoßen.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 21.01.2010 wird geändert.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig einen weiteren Zuschuss zu den Beiträgen seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 111,79 € monatlich für den Zeitraum vom 07.01. bis 31.05.2010 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. bewilligt.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des von dem Antragsgegner zu gewährenden Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Antragstellers streitig.
Der am 17.08.1977 geborene Antragsteller war nach seinen Angaben bis zum 30.04.2007 Zeitsoldat. Anschließend bezog er bis zum 31.01.2009 Übergangsleistungen, in deren Rahmen er zu 70 % beihilfeberechtigt und zu 30 % privat versichert war. Seit dem 01.02.2009 ist der Antragsteller mit einem Tarif von 100 % privat kranken- und pflegeversichert, abgesehen von einer kurzfristigen Beschäftigungszeit im März 2009. Ausweislich des Versicherungsscheins des H. Krankenversicherungsvereins aG betrug der Monatsbeitrag im Jahr 2009 für die Krankenversicherung 214,84 € und für die Pflegeversicherung 19,10 € (insgesamt: 233,94 €). Zum 01.01.2010 wurde der Versicherungsbeitrag auf 253,90 € erhöht (Krankenversicherung: 235,11, Pflegeversicherung: 18,79 €, vgl. Versicherungsschein vom 14.10.2009). Der Antragsteller ist gegenwärtig im Tarif PNW krankenversichert, für den eine jährliche, auf 400 € beschränkte Selbstbeteiligung von 10 % gilt (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung Teil II, Tarif PN, Abschnitt II A, www.I..de). Für den Basistarif hätte der Antragsteller monatlich insgesamt 309,42 € (Kranken- und Pflegeversicherung) aufzuwenden (Bescheinigung der Fa. H. vom 12.02.2010).
Mit dem im Hauptsacheverfahren angefochtenen Bescheid vom 25.11.2009 bewilligte d...