Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Beitragspflicht von SFN-Zuschlägen, deren Anteil auf das Urlaubsentgelt entfällt
Leitsatz (amtlich)
Auch wenn Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen im dreizehnwöchigen Referenzzeitraum zutreffend beitragsfrei ausgezahlt worden sind, unterliegt der auf sie entfallende Anteil des Urlaubsentgelts der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 11. Mai 2022 geändert.
Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird der Bescheid der Beklagten vom 3. August 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2019 aufgehoben, soweit Beiträge und Umlagen für die Beschäftigte A, heute B, in Höhe von mehr als 55,93 € nacherhoben worden sind.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des vorliegenden abgetrennten Verfahrens aus beiden Rechtszügen mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Klägerin zu 7/8 und die Beklagte zu 1/8.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung weiter ihr Begehren auf Aufhebung eines Beitragsnacherhebungsbescheides des beklagten Rentenversicherungsträgers, soweit dieser vom Streitgegenstand des vorliegenden abgetrennten Verfahrens erfasst wird.
Die - nicht tarifgebundene - Klägerin betreibt Pflegeeinrichtungen und beschäftigt eine Vielzahl von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Auf der Grundlage einer nach § 28p SGB IV durchgeführten Betriebsprüfung hat die Beklagte die Klägerin für den Prüfzeitraum 2013 bis 2016 mit dem 667 Seiten umfassenden Bescheid vom 3. August 2018 zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung in einer Gesamthöhe von 26.550,53 € herangezogen.
Die Beklagte rügt im Rahmen dieses umfangreichen Bescheides insbesondere, dass die Klägerin im Urlaubs- und Krankheitsfall der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Höhe des fortzuzahlenden Entgelts fehlerhaft zu gering berechnet und auf dieser Basis in nur unzureichender Höhe für das fortzuzahlende Entgelt Beiträge abgeführt habe.
Den gegen diesen Bescheid von der Klägerin eingelegten Widerspruch hat die Beklagte mit Bescheid vom 28. März 2019 zurückgewiesen; dagegen richtet sich die von der Klägerin am 29. April 2019 erhobene Klage S 14 BA 39/19.
Aus dem umfänglichen Streitgegenstand dieses Verfahrens hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 20. Januar 2021 das vorliegende Verfahren betreffend die Nacherhebung von Beiträgen für die L., heute F., abgetrennt. Diese ist die Beigeladene zu 1. im vorliegenden abgetrennten Verfahren.
Diese Mitarbeiterin bezog im Prüfzeitraum bis Oktober 2014 einen monatlichen Festlohn von 1.742,11 € und in der Folgezeit in Höhe von 1.887,28 € (vgl. wegen der Einzelheiten die Gehaltsabrechnungen Bl. 122 ff., 130 ff. GA).
Neben diesem Grundgehalt gewährte die Klägerin bei Arbeit an Sonntagen einen Zuschlag auf den (sich aus dem monatlichen Festlohn errechnenden) monatlichen Grundstundenlohn von 13,90 € (bzw. 15,06 € ab November 2014) für Arbeit an Sonntagen (offenbar in Höhe von 25 %) und für Arbeit an Feiertagen (offenbar in Höhe von 35 %). Zu einer präzisen Darlegung, nach welchen Berechnungsvorgaben entsprechende Zuschläge an die Beigeladene zu 1. im Prüfzeitraum gezahlt worden sind und ob diese ggfs. auch Zuschläge für Nachtarbeit erhalten hat, hat sich die anwaltlich vertretene Klägerin auch auf explizite Nachfrage des Senates nicht in der Lage gesehen. Jedenfalls hat die Beigeladene zu 1. die in der Übersicht der Beklagten (Anlage zum Schriftsatz vom 18. April 2023, Bl. 191 f. GA) ausgewiesenen Zuschläge für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen oder für Nachtarbeit erhalten. Die Auszahlung entsprechender Beträge für diese Zuschläge weisen auch die vorgelegten Gehaltsabrechnungen aus.
Für diese Zuschläge wurden entsprechend den Vorgaben des § 1 SvEV i.V.m. § 3b EStG in den Monaten der Erbringung entsprechender Arbeiten an Sonn- bzw. Feiertagen keine Beiträge abgeführt.
Bei urlaubs- bzw. krankheitsbedingter Abwesenheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gewährte die Beklagte (im Rahmen der gesetzlichen Lohnfortzahlungszeiträume) den jeweiligen monatlichen Festlohn (jedenfalls im Fall der Beigeladenen zu 1. einschließlich der ihr zugesagten monatlichen Zulage von 75 € sowie der gewährten Leistungen zur betrieblichen Altersvorsorge) weiter. Soweit in den vorausgegangenen Monaten Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen gezahlt worden waren, wirkten sich diese nach der Berechnungspraxis der Klägerin nicht erhöhend auf das fortzuzahlende Entgelt aus.
Demgegenüber gelangte die Beklagte im Rahmen der Betriebsprüfung zu der Einschätzung, dass auch entsprechende Zuschläge bei der Berechnung des für die Urlaubs- bzw. Krankheitszeiten fortzuzahlenden Entgelts zu berücksichtigen seien, wobei der sich unter diesem Gesichtspunkt ergebende zusätzliche Entgeltfortzahlungsanspruch beitragspflichtig sei.
Hieran anknüpfend ermittelte die Beklagte im Rahmen ...