Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. GdB-Feststellung im Schwerbehindertenrecht. Amtsermittlung. Gutachterauswahl. Bestimmung des gerichtlichen Sachverständigen durch das Gericht. Verweigerung der Begutachtung durch den Kläger. Zurückweisung der Berufung
Orientierungssatz
1. Zwar sind die Beteiligten im Rahmen der Ermittlung von Amts wegen nicht daran gehindert, Vorschläge zur Person des Sachverständigen zu machen (§ 118 Abs 1 SGG, § 404 Abs 2 und Abs 4 ZPO). Die Auswahl des Sachverständigen bei Ermittlungen von Amts wegen obliegt indes dem Gericht (§ 118 Abs 1 SGG, § 404 Abs 1 ZPO).
2. Weigert sich der Kläger, sich vom gerichtlich bestellten Sachverständigen medizinisch begutachten zu lassen, kann seine Berufung auch dann keinen Erfolg haben, wenn als hypothetisches Ergebnis einer derartigen Begutachtung die Möglichkeit der Feststellung eines GdB ernsthaft in Betracht zu ziehen sein sollte.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Mit Bescheid vom 16. September 2014 lehnte die Beklagte einen Antrag der 1959 geborenen Klägerin vom 1. Oktober 2013 auf Feststellung einer Behinderung ab, nachdem der Ärztliche Dienst lediglich die Annahme zweier Einzel-GdB von jeweils 10 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen „Weichteilrheumatische Erkrankung“ sowie „Schleimhautschaden der Speiseröhre“ befürwortet hatte. Weitere Funktionsbeeinträchtigungen bedingten hiernach keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Das nachfolgende Widerspruchsverfahren blieb gemäß Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 18. August 2015 ohne Erfolg.
Am 21. September 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat ausgeführt, die Beklagte habe ihre gesundheitlichen Leiden reduziert dargestellt. Sie leide darüber hinaus unter Fibromyalgie, Polymyositis, Weichteilrheuma, Lendenwirbelsäulen (LWS)-Syndrom, Diabetes, Depression, Arthrose des linken Fußes, des Iliosakralgelenkes und der Wirbelkörper sowie einer Überfunktion der Nebenniere, die sich noch in Abklärung befinde. Das Sozialgericht (SG) Bremen hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Orthopäde Dr. G. hat unter dem 9. November 2016 berichtet, seit Jahren bestehe insbesondere ein lokales Lumbalsyndrom, ferner bestünden Schmerzen im Bereich des rechten Kniegelenks. Schmerzen in anderen Körperbereichen, die er im Einzelnen benannt hat, kämen hinzu. Seitens des H.-S.hospitals S. ist in einem Bericht vom 1. Dezember 2014 der dringende Verdacht auf eine Somatisierungsstörung geäußert worden. Seitens des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Bereich Rheumatologie, war bereits ein Jahr zuvor die Diagnose eines Fatigue -Syndroms gestellt worden. Unter dem 6. Januar 2015 hatte zuvor der Nuklearmediziner Dr. H. an den behandelnden Orthopäden über die Durchführung einer Knochenszintigrafie berichtet. Er hatte insbesondere im Bereich des linken Fußes arthrotische Veränderungen festgestellt. Diesbezüglich war im Verlauf des Jahres 2015 eine weitere Behandlung des linken Fußes erfolgt, die im Jahr 2016 weiter fortgeführt worden ist. Unter dem 24. November 2016 hat Dr. I. über den Diabetes der Klägerin berichtet, der ohne das Erfordernis weiterer Maßnahmen allein diätetisch eingestellt worden ist. Der Internist und Rheumatologe Dr. J. hat unter dem
4. Januar 2017 gleichfalls über die Behandlung im Bereich des linken Fußes sowie ferner darüber berichtet, am 8. März 2016 hätten Schmerzen im Rahmen eines Fibromyalgiesyndroms - das bereits zuvor diagnostiziert worden sei - im Vordergrund gestanden.
Hierzu hat der Ärztliche Dienst der Beklagten - Dr. K. - unter dem 18. Januar 2017 ausgeführt, ein diätpflichtiger Diabetes bedinge keinen GdB, das Fibromyalgiesyndrom bedürfe keiner dauerhaften medikamentösen Therapie und eine psychische Beeinträchtigung sei anscheinend nicht fachärztlich behandlungsbedürftig. Nachfolgend hat das SG Bremen weitere Befundberichte des Facharztes für Nervenheilkunde Dr. L. sowie der Hausärztin Dr. M. eingeholt. Diese hat von Ober- und Unterbauchschmerzen, Bluthochdruck und chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates berichtet, insbesondere im Bereich von LWS und linkem Fuß. Ein Hinweis auf eine strukturelle Herzerkrankung hatte sich bei einer Untersuchung am 28. Oktober 2015 nicht ergeben. Eine Gastroskopie, durchgeführt von Dr. N. am 10. Februar 2017, ist unauffällig gewesen. Der erneut befragte Ärztliche Dienst hat weiterhin keinen Anlass zu einer Änderung des angefochtenen Bescheides gesehen.
Mit Beweisanordnung vom 4. Dezember 2017 ist der Facharzt für Neurologie Dr. O. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt worden. Bei diesem ist die Klägerin mehrfach nicht erschienen und hat mit am 27. Juni 2018 beim SG Bremen eingegangenen Schriftsatz (datiert auf den 3. A...