Verfahrensgang
SG Bremen (Urteil vom 11.10.2001; Aktenzeichen S 18 U 105/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil des Sozialgerichts Bremen vom11. Oktober 2001 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Änderung ihres Bescheides vom 11. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2001 verurteilt, das Verletztengeld nach einem Jahresarbeitsverdienst unter Berücksichtigung der Regelung des § 84 SGB VII zu berechnen.
Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Verletztengeldes.
Die Klägerin ist die Witwe des am 7. Dezember 1942 geborenen und am 9. Januar 2000 gestorbenen Versicherten Claus-Dieter H.. Dieser war seit dem 1. April 1969 selbstständiger Fuhrunternehmer. Im März 1999 erkrankte er an einem Bronchialkarzinom [Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs – in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose), – in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura – oder bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren –]. Er war vom 16. März 1999 bis zu seinem Tod arbeitsunfähig.
Nach den Ermittlungen des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) der Beklagten war der Ehemann der Klägerin in der Zeit von 1973 bis 1984 asbestexponiert tätig (Bericht vom 22. November 1999). Zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles (16. März 1999) unterlag er der Unternehmerpflichtversicherung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) in Verbindung mit § 39 der Satzung der Beklagten mit einer Versicherungssumme von DM 39.000,00. Im Jahr 1984 betrug die Versicherungssumme DM 30.000,00.
Mit Bescheid vom 11. Mai 2000 gewährte die Beklagte der Klägerin ab 9. Januar 2000 eine Hinterbliebenenrente. Den Jahresarbeitsverdienst für die Berechnung der Rente ermittelte sie gemäß § 84 SGB VII, indem sie die Versicherungssumme des Jahres 1984 (DM 30.000,00) unter Berücksichtigung der Anpassungsfaktoren bis 1. Juli 1999 erhöhte; dies ergab einen Jahresarbeitsverdienst in Höhe von DM 42.127,33.
Ebenfalls mit Bescheid vom 11. Mai 2000 zahlte die Beklagte der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin gemäß § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) Verletztengeld für die Zeit vom 16. März 1999 bis 9. Januar 2000. Dieser Leistung legte sie als Jahresarbeitsverdienst die Versicherungssumme in Höhe von DM 39.000,00 zugrunde, die gemäß ihrer Satzung zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls galt. Da das Verletztengeld je Kalendertag den 450. Teil des Jahresarbeitsverdienstes beträgt, errechnete sich ein Verletztengeld in Höhe von DM 86,67. Dies ergab eine Summe von DM 25.567,65.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 25. Mai 2000 Widerspruch ein, mit dem sie begehrte, dem Verletztengeld einen Jahresarbeitsverdienst von DM 42.127,33 (wie bei der Berechnung der Rente) zugrunde zu legen.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2001). Zur Begründung führte die Beklagte aus, bei der Verletztengeldfeststellung finde die Vergleichsberechnung des § 84 SGB VII (Günstigkeitsregelung) keine Anwendung. Das Verletztengeld solle den durch Arbeitsunfähigkeit verursachten Ausfall an Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen ausgleichen und damit den Lebensstandard des Versicherten sicherstellen, wie er unmittelbar vor dem Versicherungsfall bestanden habe. Im Gegensatz zu den Rentenleistungen, mit denen ein abstrakter Schadensausgleich erfolge, habe das Verletztengeld somit eine Lohn- oder Einkommensersatzfunktion (konkreter Schadensausgleich). Zur Vereinfachung der Verwaltungstätigkeit sei den Unfallversicherungsträgern die Möglichkeit eingeräumt worden, Unternehmer kraft Satzung zu versichern, so dass der Berechnung von Geldleistungen jeweils die entsprechend der Satzung geltende Versicherungssumme zugrunde gelegt werden könne. Die unterschiedliche Bedeutung der Verletztengeld- und Rentenleistungen sowie die daraus resultierenden verschiedenen Berechnungsgrundlagen würden insbesondere am Beispiel der Arbeitnehmer sichtbar. Bei der Berechnung des Verletztengeldes werde grundsätzlich auf das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum (mindestens 4 Wochen) erzielte Arbeitsentgelt abgestellt. Der der Rentenberechnung zugrunde zu legende Jahresarbeitsverdienst sei hingegen der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Versicherten in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten sei.
Die Klägerin hat mit am 29. Juni 2001 beim Amtsgericht Bremen eingegangener Klageschrift Klage beim Sozialgericht (SG) Bremen erhoben und ihre Auffassung wiederholt, dass der Jahresarbeitsverdienst nach § 84 SGB VII zu berechnen sei....