Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitragsrückerstattung. teilkostenversicherter Dienstordnungsangestellter mit einem Beihilfeanspruch von 70 vH seit Februar 1998. Verjährung
Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch auf Beitragsrückerstattung nach § 26 Abs 2 SGB IV eines teilkostenversicherten Dienstordnungs(DO)-Angestellten mit einem Beihilfeanspruch von 70 vH seit Februar 1998 und zur Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Krankenkasse.
Ein Beitragsrückerstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind ( § 27 Abs 2 SGB IV ). Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind, auch wenn der Beitragsbescheid erst später aufgehoben wurde oder der Erstattungsanspruch erst nach Ablauf der Verjährungsfrist entsteht. Der Betroffene hat es selbst in der Hand, ihm nachteilige Beitragsbescheide zeitnah anzugreifen oder sie vor Ablauf der Frist des § 27 Abs 2 SGB IV nach § 44 SGB X überprüfen zu lassen (vgl BSG vom 31.3.2015 - B 12 AL 4/13 R = BSGE 118, 213 = SozR 4-2400 § 27 Nr 6).
Die Erhebung der Verjährungseinrede durch die beklagte Krankenkasse war im konkreten Fall ermessensfehlerfrei, der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung stand nicht entgegen.
Der Beklagten war es im Rahmen ihres weiten Gestaltungsspielraumes nicht verwehrt, ab 1. Januar 2009 eine pauschale Satzungsregelung bezüglich der Prämienzahlung gemäß § 53 Abs 7 SGB V zu erlassen, in der der Umstand, dass der Kläger einen Beihilfeanspruch von 70 vH hatte, keine prämiensteigernde Berücksichtigung fand (im Anschluss an LSG Essen vom 30.1.2014 - L 5 KR 294/12 ).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21. April 2023 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Beitragsrückerstattungen für den Zeitraum vom 5. Februar 1998 bis zum 31. März 2010 in Höhe des Differenzbetrags zwischen 50 % des Vollbeitrags und 30 % des Vollbeitrags im Rahmen der Teilkostenversicherung.
Der Kläger ist bei der K. Niedersachsen als Dienstordnungsbeschäftigter beschäftigt und hat einen Beihilfeanspruch. Dieser betrug zunächst 50% und im streitigen Zeitraum nach Geburt seines zweiten Kindes am 5. Februar 1998 70 %.
Im streitgegenständlichen Zeitraum war der Kläger als freiwilliger Versicherter im Tarif der Teilkostenversicherung bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Gemäß ihrer Satzung in der jeweiligen Fassung erhob die Beklagte Beiträge in Höhe von 50 % des Beitragssatzes für freiwillige Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld.
Ab 1. Januar 2009 erhob die Beklagte vom Kläger den gesetzlich festgeschriebenen allgemeinen Beitragssatz. Da nach gesetzlichen Änderungen ab 1. Januar 2009 der gemäß § 16 Abs 5 der Satzung reduzierte Beitragssatz für die Teilkostenerstattung nicht mehr zum Tragen kam, führte die Beklagte, um eine Teilkostenerstattung weiterhin durchführen zu können, zum 1. Januar 2009 in § 14 a der Satzung einen neuen Wahltarif ein, durch den 50 % des Krankenversicherungsbeitrages als Prämienzahlung erstattet werden kann. Sie informierte den Kläger über die Neuregelung mit Schreiben vom 3. Februar 2009 und wies darauf hin, dass das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit die Satzungsregelung genehmigt habe.
Am 12. Oktober 2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung zu viel gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge im Rahmen seiner Teilkostenerstattung. In dem „Antrag auf Beitragserstattung“ heißt es: „während der diesjährigen Personalversammlung in Hannover habe ich durch einen Vortrag erstmals erfahren, dass in obiger Angelegenheit laufende Gerichtsverfahren anhängig sind, da die Satzungsbestimmungen der AOK Niedersachsen zur Beitragsberechnung in der K. Teilkostenversicherung seit 1989 rechtswidrig sind. Ich beantrage daher die Rückzahlung der von mir zu viel entrichteten Beiträge ab Beginn meines erhöhten Beihilfeanspruchs.“ Erhöhte Beihilfeansprüche hätten ab Geburt der zweiten Tochter am 5. Februar 1998 bestanden. Seine Kinder seien ab 2001 über ihn familienversichert gewesen.
Mit Bescheid vom 18. Mai 2018 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie
aus, dass geltend gemachte Beitragsrückerstattungsansprüche bezüglich der Beiträge für die
Zeit bis 1. Dezember 2009 verjährt seien. Die Erstattungsansprüche verjährten innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien,§ 27 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) . Unter Abwägung des Interesses des Klägers an der Beitragserstattung und des Interesses der Beklagten sei die Berufung auf die Verjährung zulässig. Der Kläger habe sich freiwillig und in Kenntnis der Beitragssatzungen für eine Teilkostenversicherung in der Personalkrankenkasse entschieden. Die Beitragshöhe habe er vor seinem Antrag vom 12. Oktober 2014 nicht beanstandet. Die Beklagte habe ihr...