Entscheidungsstichwort (Thema)
Angelegenheiten nach dem SGB II. Keine Streitsachengebühren-Festsetzung !!! -
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgericht Aurich vom 1. Februar 2017 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung von Kosten für einen Frauenhausaufenthalt im Jahr 2009.
Die beteiligten Landkreise sind seit dem 1. Januar 2011 zugelassene kommunale Träger i. S. des § 6 a Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), zuvor bestanden im Landkreis J. Arbeitsgemeinschaften zur Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende i. S. des § 44 b SGB II a. F. und im Landkreis K. wurden die Aufgabe in getrennter Trägerschaft wahrgenommen. In der im Kreisgebiet des Klägers liegenden Stadt J. befindet sich ein Frauenhaus, dessen Träger das L., M. J. ist. Mit diesem hatte der Kläger eine Vereinbarung vom 26. Februar 2008 geschlossen. Danach beteiligte sich der Kläger an der Finanzierung des Frauenhauses mit einem jährlichen Budget (§ 6). Das Frauenhaus hatte das Sozialamt des Klägers unverzüglich, spätestens am nächsten Werktag, zwecks „Einholung von Kostenanerkenntnissen und Durchführung von Kostenerstattungsverfahren“ von einer Aufnahme zu unterrichten (§ 3). Eine Vergütungsvereinbarung existierte nicht. Kostenrechnungen erteilte das Frauenhaus nicht. Leistungsbescheide erhielten die Personen, die sich im Frauenhaus aufhielten, von der zuständigen Arbeitsgemeinschaft (ARGE) J. seinerzeit nicht.
Die 1981 in Deutschland geborene Frau N. (nachfolgend: Y), welche wie ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann einer türkischen Familie aus dem yesidischen Kulturkreis entstammt, lebte bis zum 5. Januar 2009 mit ihrem Ehemann und ihren beiden minderjährigen Kindern in O. (Landkreis K.). Die Familie stand als Bedarfsgemeinschaft im aufstockenden Leistungsbezug nach dem SGB II, wobei zuletzt aufgrund eines am 18. Dezember 2008 gestellten Weiterbewilligungsantrags Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 bewilligt worden waren. Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann befand sich Y mit ihren Kindern zunächst im Frauen- und Kinderschutzhaus P.. Nach dem Suizid ihres Ehemanns, welche einen sog. Blutracheschwur von Familienangehörigen auslöste, fand Y am 16. Januar 2009 Aufnahme im Frauenhaus J., wo sie mit ihren Kindern bis zum 5. November 2009 blieb. Ihren Wegzug sowie den Tod des Ehemannes teilte Y der Agentur für Arbeit Q. mit, worauf die SGB II-Leistungen eingestellt wurden. Entsprechende Änderungsbescheide konnten nicht bekannt gegeben werden, da sie an den Ehemann unter der Anschrift in Bergen adressiert waren und es zu Postrückläufen kam.
Ausweislich eines Telefonvermerks des Klägers teilte die Leiterin des Frauenhaus J. ihm am 22. Januar 2009 die Aufnahme der Y nebst Kindern mit, schilderte die Gründe für die Aufnahme und bat darum, von der Geltendmachung von Kosten zunächst abzusehen, da absolute Geheimhaltung zur Abwendung von Gefahren für die Familie erforderlich sei. Aufgrund dieser Meldung wurde von dem Kläger zunächst keine weitere Veranlassung getroffen. Y selbst stellte bei der ARGE J. keinen förmlichen Leistungsantrag.
Der Beklagte erkannte mit Schreiben vom 16. November 2009 seine Kostenerstattungspflicht für die Dauer des Frauenhausaufenthalts an und bat um Bezifferung unter Vorlage der Leistungsbescheide und der „Frauenhausrechnung“. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2009 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von insgesamt 66.150 € geltend, welchen er auf der Grundlage eines Tagessatzes von jeweils 75 € für drei Personen und 882 Aufenthaltstage errechnet hatte. Nachdem der Beklagte die Kostenerstattung abgelehnt hatte, da ein Erstattungsanspruch nach § 36 a SGB II nur individuelle Aufwendungen für die hilfebedürftigen Personen umfasse (Schreiben vom 12. Februar 2010), hat der Kläger am 9. September 2010 bei dem Sozialgericht (SG) Aurich Klage auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 66.150 € erhoben. Er hat vorgetragen, dass er sämtliche Personal- und Sachkosten für das Frauenhaus trage, Einzelfallabrechnungen daher nicht erstellt würden, und er vor dem Hintergrund seiner Leistungspflicht als kommunaler Träger für die Unterkunfts- und Betreuungskosten mit der ARGE J. und der ARGE R. vereinbart habe, dass diesbezügliche Kostenerstattungsansprüche von ihm - dem Kläger - geltend gemacht würden. Die Leistungsbewilligung erfolge „konkludent durch die Aufnahme und Betreuung“. Im vorliegenden Fall würden nur die in kommunaler Trägerschaft zu erbringenden Leistungen in Form von Unterkunft und Betreuung im Frauenhaus über den Tagessatz abgerechnet. Wie ein am 8. Dezember 2010 mit Y geführtes Gespräch ergeben habe, habe diese aus Angst vor Entdeckung SGB II-Leistungen nicht beantragt und dementsprechend die aus Bundesmitteln...