nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Lüneburg (Entscheidung vom 18.10.2000; Aktenzeichen S 2 U 62/97) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozial-gerichts Lüneburg vom 18. Oktober 2000 wird zurückge-wiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kos-ten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine membranöse Glomerulonephritis, an der der Ehemann der Klägerin (Versicherter) im Juni 1987 erkrankte, von der Beklagten wie eine Be-rufskrankheit (BK) zu entschädigen ist. Nachdem nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit (Januar 1989) die Nierenfunktion sich zunächst stabilisiert hatte, nahm die Niereninsuffizienz seit Juli 1992 (Krankenbericht vom 17. Dezember 1992) bis zu seinem - (mittelbar) durch die Nierenerkrankung verursachten - plötzlichen Tod am 20. August 1993 wieder zu (s. zum Verlauf der Nierenerkrankung im Einzel-nen die nephrologischen Gutachten des Prof. Dr. C. vom 4. Mai 2000, S. 5 und des Prof. Dr. D. vom 10. Februar 1992, S. 5 ff.).
Der 1937 geborene Versicherte war nach der Ausbildung zum Maler in den Jah-ren 1952 bis 1955 zunächst in diesem Beruf tätig. Anschließend verrichtete er bis 1958 Spritzlackierarbeiten in einer Autowerkstatt. Von 1959 bis 1980 arbeitete er als Fußbodenverleger. Danach war er bis zum Eintritt von Erwerbsunfähigkeit im Februar 1989 als Spritzlackierer in einer Tischlerei tätig (s. im Einzelnen die An-gaben im Fragebogen vom 1. Mai 1989 und die Beurteilung des Dipl.-Ing. E. vom 13. November 1990). Im März 1989 unterrichtete der Versicherte die Beklagte von seiner Krankheit, die er auf seine 30jährige berufliche Tätigkeit zurückführte. Er sei in "hohem Maße mit Lösungsmitteln und Farben in Berührung gekommen". Der Internist Dr. F. sah in der Ärztlichen Anzeige über eine BK vom 5. Juli 1989 die Tätigkeit als Fußbodenverleger und Spritzlackierer als ursächlich für die Er-krankung an. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen bei und ermittelte die berufliche Exposition des Klägers gegenüber Lösungsmitteln (s. im Einzelnen die Stellungnahmen der Technischen Aufsichtsbeamten G. vom 8. Januar 1990 und des Dipl.-Ing. E. vom 13. November 1990 sowie 27. Oktober 1994), die der Ge-werbeärztliche Dienst im Niedersächsischen Landesamt für Emissionsschutz als "zeitweilig hoch" beurteilte (Stellungnahme des Dr. H. vom 15. Juni 1990). Die Beigeladene teilte der Beklagten mit, dass beim Bodenbelagkleben die Grenz-werte auch von Testbenzin als Lösungsmittelgemisch regelmäßig überschritten worden seien (Schreiben vom 14. Juni 1995, Stellungnahme des Technischen Aufsichtsbeamten I. vom 27. April 1995). Darüber hinaus verwendete der Versi-cherte zeitweise bleihaltige Rostschutzfarben (Stellungnahme des Technischen Aufsichtsbeamten J. vom 15. März 1994). Für eine kurze Zeit war er auch Halogenkohlenwasserstoffen ausgesetzt (Schreiben des Unfallverhütungsdiens-tes der Berufsgenossenschaft - BG - der Feinmechanik und Elektrotechnik vom 8. September 1994). Schließlich ist davon auszugehen, dass in den Jahren 1950 bis 1970 in Kontaktklebern Benzol enthalten war (Vermerk des Dipl.-Ing. K. vom 21. Februar 1994). Dr. H. wies die Beklagte darauf hin, dass in der Arbeitsme-dizin die berufliche Verursachung einer Glomerulonephritis durch langjährige und erhebliche Lösungsmittelexposition diskutiert werde. Bei fehlender außerberufli-cher Ursache hielt er den Verdacht des Vorliegens einer BK für begründet und empfahl eine nephrologische Begutachtung, die im Zentrum Innere Medizin und Dermatologie - Abteilung Nephrologie - der Medizinischen Hochschule L. erfolgte.
Prof. Dr. D. führte im nephrologischen Gutachten vom 10. Februar 1992 aus, dass bei dem Versicherten ein Hinweis auf eine bekannte Ursache der membra-nösen Glomerulonephritis nicht vorliege. Seit 1972 werde in der Literatur ein Zu-sammenhang zwischen chronischer Exposition gegenüber Lösungsmitteln und glomerulärer Nierenerkrankungen diskutiert. Die "überwiegende Mehrzahl der beschriebenen Studien" deute auf chronische Lösungsmittelexposition als einen "möglichen kausal-pathogenetischen Faktor" hin. Aufgrund der "langzeitigen Ex-position" ging der Gutachter auch bei dem Versicherten "von einem solchen mög-lichen bzw. wahrscheinlichen Zusammenhang" aus. Dafür spreche auch der seit Beendigung der beruflichen Tätigkeit beobachtete Stillstand der Nierenfunktions-verschlechterung auch ohne spezifische Therapie. Die Minderung der Erwerbs-fähigkeit (MdE) des Versicherten schätzte Prof. Dr. D. auf 50 vom Hundert. Nach Vorlage des Gutachtens empfahl Dr. H. die Anerkennung dieses "Einzelfalls" als BK: Es liege eine außerordentlich lange Exposition gegenüber Lösungsmitteln und ein Krankheitsverlauf vor, der den beruflichen Zusammenhang stütze. Eine außerberufliche Ursache für die Entstehung des Krankheitsbildes finde sich nicht. Nach heutigem Erkenntnisstand bestünden deutliche Hinweise, die im Einzelfall den Zusammenhang zwischen einer Exposition gegenüber Lösungsmi...