Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Honorararzt. Eingliederung in den arbeitsteiligen Stationsalltag. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. sozialgerichtliches Verfahren. rechtliche Relevanz von Beweisanträgen
Leitsatz (amtlich)
Honorarärzte, die entsprechend ihrer ärztlichen Ausbildung in den klinischen Alltag eingegliedert sind und einen festen Stundenlohn erhalten, werden regelmäßig abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Orientierungssatz
1. Beweisanträge, die so unbestimmt bzw. unsubstantiiert sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst die entscheidungs- und damit beweiserheblichen Tatsachen aufdecken soll bzw. die allein den Zweck haben, dem Beweisführer, der nicht genügend Anhaltspunkte für seine Behauptungen angibt, erst die Grundlage für substantiierte Tatsachenbehauptungen zu verschaffen, brauchen dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahezulegen; sie sind als Beweisausforschungs- bzw -ermittlungsanträge auch im vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig (vgl BSG vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R).
2. Rechtlich relevant können nur Beweisanträge sein, mit denen die tatsächliche Grundlage für die Beurteilung des sozialrechtlichen Status in Frage gestellt wird. Beweisanträge, die auf sonstige für diese Beurteilung nicht relevante Begleitumstände der Tätigkeit gerichtet sind, können von vornherein keinen Anlass zu einer weiteren Beweiserhebung begründen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 25. Juli 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen in ihrer Tätigkeit im Monat März 2010 als Gynäkologin im Klinikum der Klägerin.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus i.S. des § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Vom 1. September 2006 bis 31. Mai 2008 war die Beigeladene bei der Klinikum J. gGmbH und im Zeitraum vom 1. Juni 2008 bis 30. November 2009 bei der K. -Krankenhaus gGmbH abhängig beschäftigt. Seit dem 1. September 2006 ist die Beigeladene auf ihren Antrag nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Unter Einschaltung der Online-Ärztevermittlung L. schloss die Beigeladene mit der Klägerin einen Honorararzt-Vertrag für die Zeit vom 1. bis 31. März 2010. In dem Vertrag war Folgendes geregelt:
§ 1 Vertragsgegenstand
Der Auftraggeber beauftragt den Auftragsnehmer mit der selbständigen ärztlichen Betreuung und Behandlung von Patienten in der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe. Die erteilten Aufträge des Auftraggebers führt der Auftragnehmer in eigener Verantwortung aus. Dabei hat er zugleich die Interessen des Auftraggebers zu berücksichtigen. Der Auftragnehmer unterliegt grundsätzlich keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens des Auftraggebers. Er hat jedoch die fachlichen und organisatorischen Vorgaben des Auftraggebers soweit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert.
§ 2 Vertragszeitraum
Das Vertragsverhältnis beginnt am 1. März 2010 und endet am 31. März 2010. Eine Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.
§ 3 Ablehnungsrecht des Auftragnehmers
Der Auftragnehmer hat das Recht einzelne Aufträge ohne Angaben von Gründen abzulehnen.
§ 4 Verhältnis des Auftragnehmers zu Dritten…
§ 5 Vergütung und Unterkunft
Der Auftragnehmer erhält für seine nach § 1 des Vertrages erbrachte ärztliche Tätigkeit ein Honorar in Höhe von 60,00 € pro Stunde Tagesdienst. Bereitschaftsdienste werden mit 75 % des Stundenhonorars vergütet. Eine angemessene Unterkunft stellt der Auftraggeber unentgeltlich zur Verfügung. Die Teilnahme an der Mitarbeiterverpflegung während des Einsatzes ist nicht kostenlos. Das Honorar ist nicht umsatzsteuerpflichtig und innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungstellung ohne Abzüge zu zahlen.
§ 6 Aufwendungen
Der Auftragnehmer ist selbständig und versichert sich daher selbst hinsichtlich Kranken- und Pflegeversicherung sowie Altersvorsorge. Die hierfür entstehenden Kosten kann er dem Auftraggeber nicht in Rechnung stellen. Reisekosten trägt ebenfalls der Auftragnehmer. Für passende Dienstkleidung sorgt grundsätzlich der Auftragnehmer. Der Auftragnehmer ist selbst für die ordnungsgemäße steuerliche Veranlagung seiner Einkünfte verantwortlich.
§ 7 Geheimhaltung …
§ 8 Haftung
Der Auftragnehmer haftet dem Auftraggeber im Rahmen der gesetzlichen Haftpflicht für Schäden, die er im Zusammenhang mit der Auftragstätigkeit dem Auftraggeber zufügt. Für die persönliche gesetzliche Haftpflicht des Auftragnehmers besteht im Rahmen der vom L. vermittelten ärztlichen Tätigkeit beim Auftraggeber Berufs-, Haftpflicht-Versicherungsschutz übe...