nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Bremen (Entscheidung vom 25.01.2002; Aktenzeichen S 28 VG 28/99) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 25. Januar 2002 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsver- fahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf Euro 29.654,93 (DM 58.000) festgestellt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Aufwendungen, die ihr durch die Behandlung von Folgen einer Gewalttat entstanden sind.
Der 1960 geborene Beigeladene war bei der Klägerin gegen Krankheit versichert. Am 23. Januar 1997 wurde er Opfer einer Gewalttat, bei der seine damalige Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau H. (im Folgenden: H-R) ihm ein Messer in den Bauch stach. Zwi-schen dem Beigeladenen und H-R war es vor der Gewalttat unter beiderseitigem Alko-holeinfluss zu häufigen Streitigkeiten gekommen, wobei der Beigeladene H-R auch ge-schlagen hatte. Bei der letzten Auseinandersetzung dieser Art hatte H-R dem Beigelade-nen gesagt, er solle sie nie wieder schlagen, da sie sonst mit einem Messer kommen werde. Der Beigeladene hielt sich zum Zeitpunkt der Tat in der von ihm betriebenen Gaststätte auf und hatte im Laufe des Abends und der Nacht erhebliche Mengen Alkohol getrunken. Gegen 3.00 Uhr morgens kam die ebenfalls erheblich alkoholisierte H-R hin-zu. Nachdem die beiden aus nicht mehr feststellbarem Anlass in Streit geraten waren, schlug der Beigeladene H-R mit der Hand ins Gesicht und stieß sie vom Barhocker. Als diese auf dem Fußboden lag, erhielt sie noch ein oder zwei weitere Schläge. H-R erhob sich daraufhin, ging in die Küche und holte ein Fleischmesser, das sie dem Beigeladenen in den Bauch stieß. Eine bei ihr gegen 6.12 Uhr durchgeführte Blutentnahme ergab einen Blutalkoholwert von 2,3 Promille.
Der Beigeladene musste sich einer Notoperation unterziehen und befand sich anschlie-ßend noch fünf Wochen in stationärer Behandlung. Hierfür sind der Klägerin nach eige-nen Angaben Aufwendungen in Höhe von rund DM 58.000 entstanden.
In der polizeilichen Vernehmung äußerte der Beigeladene auf die Frage, ob er H-R frü-her schon einmal geschlagen oder bedroht habe, Folgendes: ›Ja, wir haben uns schon mal geprügelt. Ingrid ist zwar der Meinung, ich hätte sie nur geschlagen, aber sie schlägt auch gut zurück.‹ (Protokoll vom 25. März 1997).
H-R ist wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung ver-urteilt worden (Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 3. März 1998).
Den Versorgungsantrag des Beigeladenen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) vom März 1997 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. April 1999 ab. Zur Begründung gab sie an, es sei ein Versagungsgrund im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 OEG gegeben. Der Beigeladene habe durch sein Verhalten wesentlich zu der Gewalttat beigetragen.
Mit ihrer am 20. April 1999 vor dem Sozialgericht (SG) Bremen erhobenen Klage hat die Klägerin die Erstattung der ihr für die Heilbehandlung des Beigeladenen entstandenen Kosten begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beigeladene habe sich durch sein Verhalten nicht leichtfertig der Gefahr einer Körperverletzung ausgesetzt. H-R sei nicht bekannt gewaltbereit gewesen. Zwar sei nicht zu verkennen, dass sie dem Beigeladenen vorher einmal damit gedroht habe, ein Messer zu holen. Damit habe sie den Beigelade-nen aber lediglich abschrecken wollen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Beigela-dene zum Tatzeitpunkt stark betrunken gewesen sei. Grobe Fahrlässigkeit sei ausge-schlossen, wenn sich jemand durch geistige Getränke in einen vorübergehenden Zu-stand der Bewusstlosigkeit oder in einen die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand versetzt habe. Selbst wenn dem Beigeladenen die zur Abschreckung ausge-sprochene Drohung zum Zeitpunkt der Tat noch bewusst gewesen sein sollte, habe er in der damaligen Situation mit einer solchen Reaktion der H-R nicht rechnen müssen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Beigeladene habe sich leichtfertig der Gefahr einer Körperverletzung ausgesetzt, als er H-R trotz der ausgesprochenen Drohung erneut und zum wiederholten Male verprügelt und sie hierbei auch körperlich erheblich verletzt habe. Er habe wissen müssen, dass H-R ihn dann mit einem Messer angreifen werde. Er habe von den Aggressionen seiner Lebenspartnerin gewusst, die gerade dann, wenn Alkohol im Spiel gewesen sei, zu Streit und körperlichen Auseinandersetzungen geführt hätten. Zwar sei der Beigeladene zur Tatzeit alkoholisiert gewesen, eine Volltrunkenheit mit einer einhergehenden Bewusstseinsstörung sei jedoch in den vorliegenden Unterlagen nicht dokumentiert.
Mit Urteil vom 25. Januar 2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es seien die Versagungsgründe der Mitverursachung und der Unbilligkeit gegeben. Der Tatbeitrag des Beigeladenen (Körperverletzung) sei gegenüber dem Tat-beitrag der H-R (gefährliche Körperverletzung) zumindest a...