Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur inhaltlichen Überprüfung einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung durch das Prozessgericht
Leitsatz (amtlich)
1. Ist in einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung mit der Anordnung für die Dauerpfändung die Anordnung enthalten, dass der jeweilige pfändbare Betrag dem ansonsten unpfändbaren Teil des Einkommens des Schuldners zu entnehmen ist, muss der Drittschuldner, ohne eine eigene Berechnung anzustellen, ab dem in der Verfügung genannten Termin Zahlungen an den Gläubiger leisten.
2. Für die inhaltliche Überprüfung einer nach dem VwVG ND erlassenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Vollstreckung in eine Geldforderung handelt (vgl BVerwG, Urteil vom 23.3.1987 9 C 10/86 = BVerwGE 77, 139).
3. Eine Überprüfung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung durch das Prozessgericht im Rahmen einer Klage des Gläubigers gegen den Drittschuldner auf Zahlung an ihn ist nicht möglich. In einem solchen Verfahren bedarf es deshalb keiner Entscheidung darüber, ob der Pfändungsfreibetrag der ZPO unterschritten werden darf, wenn der Gläubiger Kosten der Unterbringung des Schuldners einziehen lassen will (bejahend: OVG Lüneburg, Urteil vom 17.3.1997 - 9 L 5445/95 = KKZ 1997, 134 und Beschluss vom 30.9.1999 - 9 L 2602/99 - für niedersächsisches Vollstreckungsrecht; verneinend: OVG Münster, Urteil vom 17.11.1998 - 9 A 3822/97 = OVGE MÜLü 47, 103 = NVwZ 1999, 1120 = KKZ 1999, 113 zum nordrhein-westfälischen Vollstreckungsrecht).
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. November 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist streitig, ob und inwieweit die Beklagte einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Klägerin im Hinblick auf gepfändete Arbeitslosenhilfezahlungen an den Beigeladenen nachkommen muss, insbesondere ist streitig, ob die Pfändungsfreigrenze unterschritten werden darf.
Der 1960 geborene Beigeladene war Asylsuchender aus Zaire. Von der Beklagten erhielt er bis zum 16. April 1997 Arbeitslosengeld, danach bezog er ab dem 19. April 1997 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Bis zum 18. April 1999 erhielt er 224,28 DM wöchentlich (971,88 DM monatlich), ab 19. April 1999 222,04 DM wöchentlich (962,17 DM monatlich) ab 1. Januar 2000 227,01 DM wöchentlich (983,71 DM monatlich). Diese Zahlungen erstreckten sich bis zum 18. April 2000.
Ab dem 19. April 2000 bis zum 24. Juli 2000 war der Beigeladene auf der E. in H. beschäftigt. Er wurde fristlos gekündigt, weil ihm aufgrund seiner Aufenthaltsregelung nunmehr jegliche Erwerbstätigkeit untersagt worden war. Der Fortzahlungs-Alhi-Antrag des Beigeladenen wurde dementsprechend abgelehnt.
Der Beigeladene war seit 1997 in einer Obdachlosenunterkunft der Klägerin untergebracht. Die monatliche Nutzungsgebühr dafür war mit 365,00 DM festgesetzt, die der Beigeladene allerdings nicht an die Klägerin entrichtete. Er wurde mit bestandskräftigen Leistungsbescheiden aufgefordert, die Nutzungsgebühr zu zahlen und vergeblich gemahnt.
Die Klägerin erließ eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 10. März 1999, gestützt auf die Vorschriften des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG). Damit wurden einerseits rückständige Nutzungsgebühren gefordert sowie in der Anlage eine Dauerpfändung angeordnet, fällig zum 5. April 1999, die sich auf die künftigen Alhi-Zahlungen erstreckte. Der Drittschuldnerin (der Beklagten) wurde aufgegeben, dass der Dauerpfändungsbetrag von monatlich 365,00 DM dem im allgemeinen unpfändbaren Teil (Pfändungsfreibetrag gemäß § 850c Zivilprozessordnung - ZPO -) zu entnehmen sei. In den Hinweisen zur Dauerpfändung wurde eine rechtliche Begründung für die Unterschreitung des Pfändungsfreibetrages gegeben. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung (Klage zum Verwaltungsgericht).
Klage erhob die Beklagte gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung nicht, sondern teilte mit Schreiben vom 17. März 1999 der Klägerin mit, dass sie die Forderung anerkenne, aber zur Zahlung nicht bereit sei, weil die Höhe der Geldleistung (die monatliche Alhi) den unpfändbaren Betrag nicht übersteige. Die Alhi wurde weiterhin in bewilligter Höhe an den Beigeladenen ausgezahlt. Die Klägerin legte Widerspruch mit der Begründung ein, dass bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art der Pfändungsfreibetrag unterschritten werden dürfe und verwies auf entsprechende Rechtsprechung. Als wirtschaftliche Gegenleistung erhalte der Beigeladene von ihr - der Klägerin - Wohnraum in der Obdachlosenunterkunft. Der hier einzubehaltende monatliche Betrag belasse dem Beigeladenen mehr als den Regelsatz der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Beigeladene werde also durch die Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze nicht sozialhilfebedürftig. Mit Widerspruchsbesche...