Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr. Eigenbeteiligung. anspruchsberechtigter Personenkreis gem § 145 Abs 1 S 5 Nr 2 SGB 9. keine unmittelbaren Leistungen gem SGB 2 oder SGB 12. monatliches Taschengeld gem § 11 MVollzG ND. entsprechende Leistung. Barbetrag gem § 35 Abs 2 S 2 SGB 12. analoge Anwendung des § 145 Abs 1 S 5 Nr 2. weiterer notwendiger Lebensunterhalt in einer Einrichtung. Gleichbehandlungsgrundsatz gem Art 3 Abs 1 GG
Orientierungssatz
Zum Vorliegen eines Anspruchs eines schwerbehinderten Menschen, der sich im Wege des Maßregelvollzugs in einem psychiatrischen Krankenhaus befindet und weder unmittelbare Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB 2 noch nach dem SGB 12 bezieht, aber ein monatliches Taschengeld gem § 11 MVollzG ND erhält, auf Ausgabe einer kostenfreien Wertmarke zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr in analoger Anwendung des § 145 Abs 1 S 5 Nr 2 SGB 9.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 29. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat auch die Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine Wertmarke zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personenverkehr gemäß § 145 Abs. 1 SGB IX, ohne den Eigenbetrag entrichten zu müssen.
Bei dem 1966 geborenen Kläger stellte der Beklagte mit Bescheid vom 25. Juli 1994 aufgrund der Behinderung "seelische Behinderung, Verlust des rechten Beines" einen GdB von 100 sowie die Merkzeichen G und B fest. In den nachfolgenden Jahren bezog der Kläger überwiegend Sozialhilfe bzw. Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII, sodass ihm der Beklagte auf seine Anträge wiederholt ein Beiblatt mit Werkmarke ohne Entrichtung des Eigenbeteiligungsbetrages für die unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personenverkehr aushändigte. Mit Urteil vom 9. Januar 2006 ordnete das Landgericht Hannover (Az. 30 a 9/05) die Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die Maßregel wurde seit dem 13. April 2006 vollzogen. Mittlerweile wurde dem Kläger Besuchsausgang bewilligt. Im Dezember 2007 beantragte der Kläger bei dem Beklagten erneut die Übersendung einer kostenlosen Wertmarke zur Beförderung im öffentlichen Personenverkehr unter Hinweis darauf, sich weiterhin im Maßregelvollzug zu befinden und lediglich ein monatliches Taschengeld in der Höhe zu erhalten, wie es dem früheren BSHG entsprochen habe (EUR 93,15). Mit Bescheid vom 13. März 2008 lehnte der Beklagte die Ausstellung eines Beiblattes mit unentgeltlicher Wertmarke mit der Begründung ab, dass der Kläger zu keiner der in § 145 Abs. 1 SGB IX abschließend aufgezählten privilegierten Personengruppen gehöre, denn er beziehe keine der hier aufgeführten Leistungen. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2008 zurück.
Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Hannover hat der Kläger weiterhin die Ausstellung eines Beiblattes mit unentgeltlicher Wertmarke verlangt und darauf hingewiesen, gemäß § 11 Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz (Nds. MVollzG) ein monatliches Taschengeld nach den Grundsätzen und Maßstäben zu erhalten, die für den Barbetrag nach § 21 Abs. 3 BSHG (jetzt: § 35 Abs. 2 SGB XII) gelten. Damit sei auch er in den Kreis der Anspruchsberechtigten des § 145 Abs. 1 SGB IX nach Sinn und Zweck der Regelung aufzunehmen. Diese Regelung diene der Förderung der Mobilität schwerbehinderter Menschen und sei damit neben anderen Nachteilsausgleichen ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Verwirklichung der Integration. Gemäß § 11 Nds. MVollzG befinde er sich genau in derselben wirtschaftlichen Lage wie diejenigen, die Leistungen gemäß § 35 SGB XII erhielten; damit gebiete der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass auch an ihn die kostenfreie Wertmarke herausgegeben werde. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 29. Januar 2009 den Bescheid des Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2008 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger eine unentgeltliche Wertmarke für ein Jahr auszugeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger dem in § 145 Abs. 1 Satz 5 SGB IX genannten privilegierten Personenkreis gleichzustellen sei, weil sich seine finanzielle Situation nach den Grundsätzen und Maßstäben des SGB XII richte: auch er erhalte Leistungen der Existenzsicherung, die nicht unterschritten werden dürften.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 5. März 2009 zugestellte Urteil am 11. März 2009 Berufung eingelegt. Er meint, dass die Voraussetzungen zur Ausstellung einer kostenlosen Wertmarke zur Inanspruchnahme der unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung nicht erfüllt seien, weil der Kläger keine d...