nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Oldenburg (Entscheidung vom 26.01.2000; Aktenzeichen S 6 KR 22/99) |
Tenor
Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat den Klägern zwei Drittel der außerge-richtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Kostenerstattung für eine intracytoplasmatische Spermainjektion (ICSI) in Höhe von 2.274,- DM, die im August 1998 durchgeführt wurde.
Die 1970 geborenen Kläger sind verheiratet, und es besteht bei ihnen ein mehr-jähriger unerfüllter Kinderwunsch. Beide sind bei der Beklagten als Mitglied bzw als Familienmitglied versichert. Der Kläger leidet unter einer hochgradigen andrologischen Fertilisationsstörung. Bei dem Ehepaar besteht keine ausreichen-de Aussicht auf Erfolg bei der Sterilitätstherapie mit herkömmlichen Methoden. C. empfahl deshalb, in diesem Fall die intracytoplasmatische Spermainjektion durchzuführen, um dem Ehepaar noch zu einer Schwangerschaft und zu einem Kind zu verhelfen. Die Beklagte erklärte sich mit Bescheid vom 1. Dezember 1997 auf Grund des Antrages der Kläger vom Oktober 1997 bereit, im Rahmen einer Einzelfallentscheidung die Kosten für die Behandlung "In-Vitro-Fertilisation mit Mikroinjektion" bis zu einem Betrag vom 2.274,- DM zu erstatten. Die Maß-nahme wurde im März 1998 durchgeführt.
Unter Vorlage einer Rechnung der D. vom 25. September 1998 beantragten die Kläger am 5. Oktober 1998 die Kostenübernahme für eine weitere am 5. August 1998 durchgeführte ICSI-Behandlung. Die Beklagte lehnte den Antrag in mündli-cher Form gegenüber den Klägern am 5. Oktober 1998 ab. Den hiergegen ein-gelegten Widerspruch der Kläger wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 1999 zurück. Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf den Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Kranken-kassen vom 1. Oktober 1997, wonach die ICSI-Methode derzeit keine anerkannte Methode der künstlichen Befruchtung sei, so dass eine Leistungspflicht der Be-klagten ausscheide.
Die Kläger haben am 11. Februar 1999 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Olden-burg erhobenen und vorgetragen, es sei unverständlich, dass die Beklagte die notwendige weitere Behandlung vom 5. August 1998 gemäß der Rechnung E. vom 25. September 1998 nicht bezahle, nachdem die erste Behandlung ord-nungsgemäß bezahlt worden sei. Die Beklagte habe durch ihre 1997 gemachte Zusage bei den Klägern einen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass die Kosten von weiter notwendig werdenden Behandlungen gleicher Art ge-tragen würden, und zwar überhaupt und auch im Verfahren der Kostenerstattung. Die Kläger haben im erstinstanzlichen Verfahren beantragt, die Beklagte zu ver-urteilen, ihnen 2.274,- DM für die durchgeführte ICSI-Therapie zu erstatten und ihnen die Kosten für zwei weitere Versuche der künstlichen Befruchtung in dieser Form zu gewähren.
Das SG hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, die Kosten für zwei weitere Versuche (3. und 4. Versuch) zu übernehmen. Im Übri-gen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. Januar 2000). Soweit das SG der Klage stattgegeben hat, hat es zur Begründung ausgeführt, der Bundesaus-schuss für Ärzte und Krankenkassen hätte die fragliche Methode empfehlen müssen, so dass insofern im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialge-richts (BSG) ein Fall des "Systemversagens" vorliege. Es sei nämlich sachwidrig, eine allgemein anerkannte und im vorliegenden Fall unstreitig allein verbleibende Methode, die sich zur Überzeugung des Gerichts in der Praxis und in der medizi-nischen Fachdiskussion durchgesetzt habe, aus einem Gesichtspunkt nicht zu empfehlen, der als "vorweggenommene Euthanasie" erscheine. Da inzidenter die Kostenübernahme für die nach dem Gesetz geschuldeten zwei von vier Versu-chen abgelehnt worden sei, sei die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen, ihrer Leistungspflicht im Umfang des § 27 a Abs 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V - zu genügen.
Allerdings seien die Kosten für den zweiten Versuch von der Beklagten nicht zu erstatten. Eine Leistung, die nicht auf Versichertenkarte ohne weiteres in An-spruch genommen werden könne, sei zuvor bei der Kasse zu beantragen, ehe an eine Selbstbeschaffung mit anschließender Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V gedacht werden könne (Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des 4. Senats des Landessozialgerichts - LSG - Niedersachsen im Anschluss an BSG, Urteil vom 10. Februar 1993 - 1 RK 31/92).
Die Beklagte und die Kläger haben gegen dieses ihnen am 18. Februar 2000 bzw 21. Februar 2000 zugestellte Urteil am 10. März 2000 bzw 20. März 2000 Beru-fung vor dem LSG Niedersachsen eingelegt.
Die Beklagte hat sich im Anschluss an die Urteile des BSG vom 3. April 2001 (Az: B 1 KR 17/00 R; B 1 KR 22/00 R; B 1 KR 40/00 R) mit Schriftsatz vom 13. August 2001 bereit erklärt, im vorliegenden Fall die Kosten für zwei weitere Versuche der künstlichen Befruchtung in Form der ICSI zu übernehmen. Die Kläger haben die-ses...