Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Vereinbarung gem § 75 Abs 3. nachträglicher Abschluss
Orientierungssatz
1. Zu Qualifizierung eines Bescheides über Eingliederungshilfe gem §§ 53ff SGB 12 als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung.
2. Der in § 75 Abs 3 S 1 SGB 12 geregelte Anspruch auf Übernahme der Kosten ist als Geldleistungsanspruch und nicht als Sachleistungsanspruch zu qualifizieren (vgl OVG Lüneburg vom 12.7.2006 - 4 LC 309/02).
3. Will der Sozialhilfeträger eine aus seiner Sicht nicht den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechende Vergütung nicht übernehmen, muss er dem Leistungsberechtigten eine konkrete andere und zumutbare Unterbringungsmöglichkeit nachweisen.
4. Die Öffnungsklausel des § 75 Abs 4 S 1 SGB 12 findet keine Anwendung, solange die Einrichtung mit dem Sozialhilfeträger über den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung verhandelt.
5. Auch unter Geltung des Grundsatzes der Prospektivität ist unter dem Gesichtspunkt der in Art 19 Abs 4 GG verankerten Rechtsschutzgarantie der rückwirkende Abschluss von Vereinbarungen gem § 75 Abs 3 SGB 12 möglich.
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger begehrt für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 höhere Leistungen der Eingliederungshilfe unter Berücksichtigung seiner Entgeltverpflichtung aus einem mit dem Klinikum W geschlossenen Heimvertrag.
Der 1959 geborene ledige Kläger leidet an einer leichten Intelligenzminderung mit schweren Verhaltensstörungen und dissozialer Persönlichkeitsstörung. Er ist auf Grund seiner wesentlichen, nicht nur vorübergehenden geistigen Behinderung auf die fachkompetente Unterstützung in einem Psychiatrischen Pflegeheim angewiesen (so die ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie B vom 14. August 2006).
Seit dem 1. Januar 2005 erhält der Kläger von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 41 ff Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Weitere Einkünfte hat er nicht.
Seit dem 1. Juni 1988 befindet sich der Kläger im Langzeitbereich des Klinikums W bzw dessen Rechtsvorgängerin. Der Kläger hat sich vertraglich zur Zahlung eines täglichen Heimentgelts verpflichtet, welches für die Zeit ab dem 1. Juli 2003 134,86 € beträgt.
Mit Bescheid vom 1. August 1988 hatte sich die Beklagte verpflichtet, für den Kläger die Kosten des Heimaufenthalts in den damaligen "W Kliniken" aus Mitteln der Sozialhilfe zu übernehmen. Weiter heißt es in dem an die damalige Betreuerin des Klägers gerichteten Bescheid:
"Kosten für den Aufenthalt in der Einrichtung können nur in Höhe des vom Landessozialamt Niedersachsen oder im Einvernehmen mit dem Landessozialamt Niedersachsen bzw. der örtlich und sachlich hierfür zuständigen Behörde vereinbarten oder festgesetzten Pflegesatzes anerkannt werden."
In der Folgezeit beantragte der Kläger mit Schreiben vom 6. Dezember 1999 und vom 12. Dezember 2003 bei der Beklagten erfolglos die Zahlung des vollen mit dem Klinikum W vereinbarten Heimentgelts. Insoweit sind beim Verwaltungsgericht (VG) Hannover Klageverfahren rechtshängig (3 A 1898/00 bzw 3 A 1184/04).
Mit Bescheid vom 18. Oktober 2005 gab die Beklagte ein neues Kostenanerkenntnis ab und hob gleichzeitig das Kostenanerkenntnis vom 1. August 1988 mit Wirkung vom 1. Januar 2005 an auf. Für den Aufenthalt im Langzeitbereich des Klinikums W werden demnach ab dem 1. Januar 2005 bis auf weiteres Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß §§ 35 Abs 1 und 2, 19 Abs 1 SGB XII sowie Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs 1 Satz 1, 19 Abs 3 SGB XII gewährt. Weiter heißt es in dem an den Betreuer des Klägers gerichteten Bescheid:
"Kosten für den Aufenthalt in der Einrichtung werden nur in Höhe der vom Land Niedersachsen oder im Einvernehmen mit dem Land Niedersachsen bzw. der örtlich und sachlich hierfür zuständigen Behörde vereinbarten oder festgesetzten Vergütung anerkannt.
Soweit nach Erteilung dieser Kostenverpflichtung durch rechtskräftiges Urteil oder Vergleich zwischen dem Land Niedersachsen und dem Einrichtungsträger ein höherer Pflegesatz als vereinbart gilt oder vereinbart wird, werden die höheren Kosten an den Einrichtungsträger für den diese Kostenverpflichtung umfassenden Zeitraum nachgezahlt, wenn Ihr Betreuter durch entsprechende zivilrechtliche Vereinbarung verpflichtet ist, den erhöhten Pflegesatz zu zahlen, Sie unverzüglich jede folgende Änderung der derzeit bestehenden Vereinbarung angezeigt hat und Ihr Betreuter Anspruch auf Übernahme der Pflegesätze aus Sozialhilfemitteln hat."
Tatsächlich werden seither für den Kläger Zahlungen an das Klinikum W unter Berücksichtigung eines Tagessatzes von 107,26 € erbracht, der Kläger erhält einen monatlichen Barbetrag von monatlich 89,70 €.
Die eingeschränkte Vergütungsübernahme der Beklagten hat ihre Ursache in einer seit 1994 andauernden Auseinandersetzung zwischen der Klinikum W GmbH und de...