nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Hildesheim (Entscheidung vom 01.11.2001; Aktenzeichen S 6 KG 4/01)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 1. November 2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe von Kindergeld (Kg) ab Dezember 1990 unter Berücksichti-gung des verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimums.

Die Klägerin bezog Kg in Höhe des gesetzlichen Sockelbetrages für ihren am 7. Dezember 1967 geborenen Sohn I. bis einschließlich März 1993 und für ihre am 8. März 1972 geborene Tochter J. bis einschließlich April 1999. Kindergeld-zuschläge wurden nicht gezahlt, weil der Ehemann der Klägerin aus seiner Arztpraxis jeweils Einkünfte bezog, welche die maßgeblichen Einkommens-grenzen überschritten.

Am 4. Dezember 1990 beantragte der Ehemann der Klägerin gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) unter Bezugnahme auf einen Be-schluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 29. Mai 1990 die Über-prüfung der Kg-Bewilligung ab 1. Januar 1986 und machte höheres Kg geltend (Blatt 134 Kg-Akte). Die Beklagte nahm diesen Antrag in einen Sammelordner und teilte mit Schreiben vom 6. Dezember 1990 dem Ehemann der Klägerin mit, dass nach Eingang der gesetzlichen Regelung er unaufgefordert weitere Nachrichten erhalten würde (Blatt 39 Kg-Akte). Einem Bescheid vom 14. Mai 1992 fügte die Beklagte den Hinweis hinzu, dass die Höhe des Anspruchs ü-berprüft werde, wenn aufgrund des Beschlusses des BVerfG vom 29. Mai 1990 die Regelung des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) zur Minderung des Kg für den Zeitraum, auf den sich diese Entscheidung erstrecke, rückwirkend ge-ändert werde (Blatt 59 Kg-Akte).

Mit Bescheid vom 13. November 2000 lehnte die Beklagte unter Hinweis auf den neuen § 21 BKGG die Zahlung von höherem Kg ab, weil die Bewilligungs-entscheidungen ab 1986 bestandskräftig geworden seien. Das eingeleitete Wi-derspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 5. April 2001) blieb genauso wie das anschließende Klageverfahren (Klageerhebung am 12. April 2001, Ge-richtsbescheid des Sozialgerichts - SG - Hildesheim vom 1. November 2001) erfolglos. Gegen den am 15. November 2001 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Klägerin vom 3. Dezember 2001, mit der die Nachzahlung von Kg ab Dezember 1990 begehrt wird.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Kg-Bewilligungen zumindest ab 4. Dezember 1990 nicht bestandskräftig geworden seien. Denn bei der Kg-Bewilligung handele es sich nicht um einen Dauerverwaltungsakt, sondern um einen Verwaltungsakt, der jedes Jahr neu erlassen werde. Seit dem Über-prüfungsantrag habe die Beklagte gewusst, dass die Klägerin im Hinblick auf Entscheidungen des BVerfG mit der Höhe von Kg nicht einverstanden gewesen sei. Die Beklagte habe in diesem Zusammenhang auch die Klägerin aufgefor-dert, von weiteren Rückfragen Abstand zu nehmen und zugesagt, nach gesetz-licher Klärung auf die Angelegenheit unaufgefordert zurückzukommen. Es sei treuwidrig, wenn die Beklagte sich nunmehr für den Leistungsbezug ab 1990 auf die Bestandskraft der Bewilligungsentscheidungen berufe.

Die Klägerin beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 1. November 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2001 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Dezember 1990 bis zum 31. Dezember 1995 höheres Kindergeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bleibt bei ihrer Auffassung, dass ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X die Bestandskraft voraussetze. In der dem Eingang des Schrei-bens vom 4. Oktober 1990 vorausgehenden Widerspruchsfrist von einem Mo-nat sei ein anfechtbarer Verwaltungsakt nicht ergangen. Der nächste Bewilli-gungsbescheid danach datiere vom 12. Februar 1993 und sei nicht durch Wi-derspruch angefochten worden. Im Übrigen habe die Klägerin nicht durch eine Bescheinigung des Finanzamtes nachgewiesen, dass ihr höheres Kg nach § 21 BKGG zustehe.

Das Finanzamt K. teilte der Klägerin mit Schreiben vom 1. Juni 2001 (Blatt 14 Gerichtsakte) mit, dass die Einkommenssteuerveranlagung für die Jahre 1989 bis 1995 aufgrund des Vorläufigkeitsvermerkes sowie wegen der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzung des § 53 Einkommenssteuergesetz (EStG) von Amts wegen überprüft worden seien und eine Änderung der Einkommenssteu-erbescheide 1989 bis 1991 sowie 1993 bis 1995 erfolgt sei. Eine Nachzahlung für das Veranlagungsjahr 1992 scheide aus, weil die Voraussetzungen des § 53 EStG nicht erfüllt seien.

Wegen des umfassenden Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Be-teiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Kindergeld-Akte des Ar-beitsamtes L. (Kg-Nr: M.) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Ver-handlung (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -)...

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