Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Erfolg des Widerspruchs auch bei stattgebender Entscheidung nach einstweiliger Anordnung des angerufenen Gerichts

 

Leitsatz (amtlich)

Der Widerspruch ist auch dann für den Erfolg im Widerspruchsverfahren ursächlich, wenn die stattgebende Entscheidung der Behörde letztlich auf einer einstweiligen Anordnung des gleichzeitig angerufenen Gerichts beruht.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Vorverfahrenskosten.

Die Klägerin ist Dipl.-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin. Im Dezember 1998 stellte sie beim bremischen Zulassungsausschuss Psychotherapeuten/Krankenkassen einen Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung zur vertragsärztlichen Versorgung nach der Übergangsvorschrift des § 95 Abs 11 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB 5). Dieser wurde vom Zulassungsausschuss und nachfolgend vom beklagten Berufungsausschuss abgelehnt, weil die Klägerin keine ausreichenden Nachweise zur Erfüllung der Voraussetzungen des sog. Zeitfensters gemäß § 95 Abs 11 Satz 1 Nr 3 SGB 5 erbracht habe. Nachdem die Klägerin hiergegen Klage vor dem Sozialgericht (SG) Bremen erhoben hatte, erteilte der Beklagte ihr mit Schreiben vom 14. Januar 2000 “vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung„.

Das SG Bremen gab der Klage mit Urteil vom 12. April 2000 statt. Auf die Berufung des Beklagten hob das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen - 11. Senat - das Urteil auf und wies die Klage ab, weil die Klägerin keine versorgungsrelevante Teilnahme an der psychotherapeutischen Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten im Sinne des § 95 Abs 11 Satz 1 Nr 3 SGB 5 vorzuweisen habe (Urteil vom 26. März 2003). Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung legte die Klägerin Beschwerde ein, die mit Beschluss vom 28. April 2004 vom Bundessozialgericht (BSG) zurückgewiesen wurde.

Mit Schreiben vom 24. Mai 2004 beantragte die Klägerin beim Beklagten, ihr im Hinblick auf die Urteile des BSG vom 11. September 2002 (Az: B 6 KA 41/01 R) und des LSG Niedersachsen-Bremen vom 19. November 2003 (Az: L 11 KA 25/00) eine geräumige Auslauffrist für ihre vertragspsychotherapeutische Praxistätigkeit bis zum 28. Februar 2005 einzuräumen. Aufgrund der ihr erteilten vorläufigen Ermächtigung sei sie berechtigt und verpflichtet gewesen, psychotherapeutische Behandlungen gesetzlich krankenversicherter Patienten aufzunehmen und nicht abzulehnen; insoweit komme ihr und ihren Patienten Vertrauensschutz zu. Aus Gründen der Gleichbehandlung sei die Einräumung einer geräumigen Auslauffrist entsprechend den angegebenen Gerichtsentscheidungen angemessen und sinnvoll, um eine geordnete Beendigung der Behandlungsverhältnisse zu gewährleisten.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2004, das unter dem Briefkopf des Beklagten erging und von der Justiziarin der zu 5. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung unterzeichnet worden war, wurde der Klägerin mitgeteilt, ihr werde "nach Rücksprache mit der Vorsitzendenrunde" eingeräumt, in einer Übergangszeit bis zum 31. August 2004 die von ihr vor dem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26. März 2003 begonnenen Psychotherapien fortzusetzen.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2004 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie sich auf ihren Antrag vom 24. Mai 2004 berief. Außerdem beantragte sie bei dem SG Bremen den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, ihr über den 31. August 2004 hinaus bis zum 28. Februar 2005 eine geräumige Auslauffrist zur ordnungsgemäßen Beendigung genehmigter psychotherapeutischer Behandlungen nach Auslaufen der vorläufigen Ermächtigung zu bewilligen. Das SG Bremen gab dem insoweit statt, als dem Beklagten aufgegeben wurde, die eingeräumte Auslauffrist über den 31. August 2004 hinaus bis zum 30. September 2004 zu verlängern; im Übrigen wurde der Antrag abgewiesen (Beschluss vom 01. September 2004). Auf die Beschwerde der Klägerin änderte das LSG Niedersachsen-Bremen diesen Beschluss mit der Maßgabe, dass der Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wurde, der Klägerin eine Auslauffrist zur ordnungsgemäßen Beendigung sämtlicher genehmigter psychotherapeutischer Behandlungen, die bis zum 10. Mai 2004 aufgenommen wurden, bis zum 28. Februar 2005 einzuräumen (Beschluss des erkennenden Senats vom 16. November 2004 - L 3 KA 238/04 ER).

Am 17. August 2005 beantragte die Klägerin beim Beklagten den Erlass einer abhelfenden Widerspruchsentscheidung unter Kostenübernahmeerklärung; sie bezifferte die zu erstattenden Kosten auf 1.057,69 €. Der Beklagte erließ daraufhin den Beschluss vom 18. Oktober 2005 (Datum der schriftlichen Abfassung), mit dem der Klägerin eine Auslauffrist zur ordnungsgemäßen Beendigung sämtlicher genehmigter psychotherapeutischer Behandlungen, die bis zum 10. Mai 2004 aufgenommen wurden, bis zum 28. Februar 2005 eingeräumt wurde. Hierzu habe man sich angesichts d...

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