Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer. fehlende gesellschaftsvertragliche Einräumung einer umfassenden Sperrminorität. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Räumen die gesellschaftsvertraglichen Regelungen einem Minderheitsgesellschafter nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit eine umfassende Sperrminorität ein, dann übt er eine entlohnte geschäftsführende Tätigkeit für die GmbH im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1976 geborene Steuerberater wendet sich im Überprüfungsverfahren gegen die von der Beklagten getroffene Feststellung, dass er in seiner seit 1. Januar 2014 ausgeübten Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen in der Rechtsform einer GmbH geführten Steuerberatungsgesellschaft der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Vor 2014 hatte die Beigeladene bei einem Stammkapital von 26.400 € zwei Gesellschafter, und zwar den Steuerberater K. L. mit einem Anteil von 60 % und die Steuerberaterin M. N. mit einem Anteil von 40 %. Beide waren im Gesellschaftsvertrag zu Geschäftsführern berufen.
Damals enthielt der Gesellschaftsvertrag in der Fassung des Änderungsbeschlusses vom 21. März 2007 (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten des damaligen Vertrages Bl. 258 ff. GA) in § 4 Ziff. (4) folgende Regelung:
Die Geschäfte der Gesellschaft werden von allen Geschäftsführern gemeinschaftlich geführt. Geschäftsführer, die zugleich Gesellschafter sind, können beabsichtigten Geschäftsführungsmaßnahmen anderer Gesellschafter widersprechen. Im Falle eines solchen Widerspruchs hat die beabsichtigte Geschäftsführungsmaßnahme zu unterbleiben, es sei denn, dass die Gesellschafterversammlung ihre Durchführung beschlösse. Geschäfte, deretwegen sich die Gesellschafterversammlung durch Beschluss die Zustimmung vorbehält, dürfen nur vorgenommen werden, wenn zuvor ein zustimmender Beschluss der Gesellschafterversammlung gefasst wurde. Gleiches gilt für Geschäfte der folgenden Art:
a) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten,
b) Errichtung oder Aufgabe von Zweigstellen und Zweigniederlassen…
In den nachfolgenden Punkten c) bis o) wurden weitere bedeutsamere Geschäfte (wie etwa die Übernahme von Bürgschaften, die Gewährung von Darlehen oder die Erteilung einer Prokura aufgeführt (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 261 GA).
§ 5 des Vertrages enthielt folgende Regelungen:
(1) Für die Einberufung und Durchführung von Gesellschafterversammlungen und die Herbeiführung von Gesellschafterbeschlüssen gelten vorbehaltlich der Bestimmungen in Ziffer (2) dieses Paragraphen die gesetzlichen Vorschriften.
(2) Über die Zustimmung zu den Geschäften der in § 4 Ziffer (4) bezeichneten Art kann die Gesellschafterversammlung nur mit den Stimmen aller Gesellschafter Beschluss fassen.
(3) Die Änderung oder Aufhebung dieser Satzungsbestimmung kann nur mit Zustimmung sämtlicher beteiligter Gesellschafter beschlossen werden (§ 53 Abs. 3 GmbHG).
Zum Jahreswechsel 2013 veräußerte der Gesellschafter L. ¼ seiner (sich bis dahin auf 60 % belaufenden) Geschäftsanteile und damit 15 % dieser Anteile an die neu eintretende Gesellschafterin O. P. sowie die Hälfte seiner Anteile und damit 30 % der Geschäftsanteile der Beigeladenen an den Kläger. Die restlichen 15 % der Geschäftsanteile der Beigeladenen hielt er weiterhin; die Steuerberaterin N. verfügt nach wie vor über 40 % der Anteile.
Für die von ihm vom Gesellschafter L. erworbenen Anteile in Höhe von 25 % am Gesellschaftsvermögen zahlte der Kläger einen Kaufpreis von 550.000 € (Bl. 47 GA).
Ausgehend von dem Eintritt zweier weiterer Gesellschafter beurkundete der Notar Q. am 18. Dezember 2013 eine damit korrespondierende Änderung des Gesellschaftsvertrages (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 16 ff. VV).
Die Regelung in § 4 Ziff. (4) des Vertrages in der bis Ende 2013 maßgeblichen Fassung wurde in § 4 Ziff. (5) des neuen Vertrages (mit geringfügigen eher redaktionellen Änderungen hinsichtlich der nunmehr unter den Buchstaben a] bis n] aufgeführten zustimmungspflichtigen Geschäfte) übernommen.
§ 5 des Vertrages erhielt nunmehr folgende Fassung:
(1) Für die Einberufung und Durchführung von Gesellschafterversammlungen und die Herbeiführung von Gesellschafterbeschlüssen gelten vorbehaltlich der Bestimmungen in Ziffer (2) dieses Paragraphen die gesetzlichen Vorschriften.
(2) Über die Zustimmung zu den Geschäften der in § 4 Ziffer (5) bezeichneten Art kann die Gesellschafterversammlung nur mit 85 % der Gesamtheit der Gesellschafter beschlossen werden.
(3) Die Änderung oder Aufhebung dieser Satzungsbestimmung kann nur mit Zustimmung von 100 % der Gesamtheit der Gesellschafter erfolgen. Gleichermaßen können Beschlüsse nach dem Umwandlungsgesetz nur mit Zustimmung von ...