Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütung einer ambulanten Operation. Abrechenbarkeit präoperativer Laboruntersuchungen sowie der fachspezifischen Grundpauschale für die ambulante Abrasio uteri im Krankenhaus. Therapeutische Kürettage. Grundpauschale. Auftragsüberweisung. Konsultationspauschale. Arzt-Patienten-Kontakt

 

Orientierungssatz

Ein zugelassenes Krankenhaus hat Anspruch auf Vergütung präoperativer Laborleistungen und der fachspezifischen Grundpauschale für die ambulante Abrasio uteri im Krankenhaus.

 

Normenkette

SGB V § 115b Abs. 2, § 108

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 31.05.2016; Aktenzeichen B 1 KR 39/15 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 18. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens aller Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69,32 Euro festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Vergütung für im Zusammenhang mit ambulantem Operieren erbrachten Leistungen. Streitig ist die Abrechenbarkeit präoperativer Laboruntersuchungen sowie der fachspezifischen Grundpauschale.

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus mit Berechtigung zum ambulanten Operieren sowie zu stationsersetzenden Eingriffen nach § 115b SGB V. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse, deren Versicherte im Hause der Klägerin ambulant operiert wurde:

Die Versicherte, die im Jahr 1975 geborene Frau J., wurde im März 2009 von der behandelnden niedergelassenen Gynäkologin in das Krankenhaus der Klägerin überwiesen. Auf dem Überweisungsvordruck hieß es: “Verordnung von Krankenhausbehandlung„ - “Abort„. Weitere Angaben hatte die Ärztin auf dem Vordruck nicht eingetragen. Eine sonstige weitere Dokumentation der niedergelassenen Ärztin ist nicht ersichtlich.

Im Krankenhaus wurden in einem Arztgespräch am 10. März 2009 die Anamnese erhoben, eine Sonographie der weiblichen Genitalorgane durchgeführt, präoperative Laborleistungen im hauseigenen Labor veranlasst (u.a. Bestimmung der Blutgruppe sowie der Blutgerinnung) und die Versicherte über den ambulanten Eingriff aufgeklärt. Es ergab sich u.a. eine gestörte Frühschwangerschaft nach Gabe von Cytotec (Medikament zum häuslichen Schwangerschaftsabbruch) in der rechnerisch 8. SSW, eine bestehende Angststörung der Patientin bei Verordnung angstlösender Medikation sowie die Anordnung einer Betreuung der Versicherten für behördliche Angelegenheiten. Am 11. März 2009 erfolgte die ambulante Operation (OPS 5-690-1: therapeutische Kürettage - Abrasio uteri - mit lokaler Medikamentenapplikation).

Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 2. April 2009 Rechnung in Höhe von 356,58 Euro, die u.a. enthielt

- präoperative Laboruntersuchungen nach EBM 32540, 32541, 32545 und 32083 sowie

- die fachspezifische gynäkologische Grundpauschale nach EBM 08211.

Die Beklagte zahlte die Rechnung unter Einbehalt in Höhe des vorliegend streitigen Betrages von 69,32 Euro, indem sie

- die präoperativen Laboruntersuchungen nicht vergütete sowie

- statt der fachspezifischen Grundpauschale nach EBM 08211 die gynäkologische Konsultationspauschale nach EBM 01436 ansetzte.

Ein Prüfverfahren des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nach § 275 SGB V hatte die Beklagte nicht eingeleitet und holte dies auch nicht nach. Dies ist unter den Beteiligten unstreitig.

Der von der Klägerin am 3. November 2009 gegen die Beklagte vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhobenen Zahlungsklage gab das SG mit Urteil vom 18. Juni 2010 hinsichtlich des Zahlungsanspruchs von 69,32 Euro vollumfänglich statt und wies die Klage (lediglich) insoweit ab, als mit ihr Zinsen in Höhe von mehr als 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz geltend gemacht worden waren.

Die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG; erkennender Senat) mit Urteil vom 27. November 2012 mit der Begründung zurückgewiesen, dass § 275 Abs. 1c SGB V und die darin geregelte 6-Wochen-Ausschlussfrist betreffend die Einschaltung des MDK auf den Bereich des ambulanten Operierens bzw. der stationsersetzenden Eingriffe nach § 115b SGB V anwendbar sei und sich die ausschließende Wirkung einer Fristversäumnis einheitlich auf die gesamte Rechnung des Krankenhauses beziehe, also sowohl auf solche Abrechnungspositionen, die einer medizinischen Prüfung durch den MDK zugänglich wären, als auch auf solche Abrechnungspositionen, die allein einer sachlich-rechnerischen Prüfung unterfielen. Da die Beklagte vorliegend weder innerhalb der 6- Wochen-Frist noch überhaupt den MDK eingeschaltet habe, sei sie mit allen Einwendungen gegenüber der Krankenhausrechnung ausgeschlossen. Betreffend die Frage der Anwendbarkeit des § 275 Abs. 1c SGB V auf ambulantes Operieren nach § 115b SGB V hat der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Auf die Revision der Beklagten hat das Bundessozialgericht (BS...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge