Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Disziplinarmaßnahme -Pflichtverletzung. Disziplinarbescheide. gleichlautende Beschlüsse an die Partner einer Gemeinschaftspraxis. Rechtmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Ergehen gegen die Partner einer Gemeinschaftspraxis gleichlautende Beschlüsse, so liegt darin kein Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Formalien.
2. Eine Regelung, wonach eine teilweise Eigenleistung und eine teilweise Leistung durch die Krankenkasse bei einer vertragsärztlichen Behandlung vorgesehen ist, ist unzulässig.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine gegen ihn verhängte Disziplinarmaßnahme.
Der Kläger ist Gynäkologe mit Vertragsarztsitz in B. Er betreibt eine Gemeinschaftspraxis mit seinem Kollegen Dr Sch Im Dezember 1997 legten die Ärzte eine Patientinneninformation aus, in der es ua hieß:
"Die Bewertungskommission der kassenärztlichen Bundesvereinigung geht davon aus, dass in der durchschnittlichen gynäkologischen Praxis ein Ultraschallsystem von 40.000,00 DM zur Verfügung steht. Diese Forderung erfüllt unser Basisgerät Sonoline SL1. Die weiteren von uns verwendeten Geräte Siemens Versa Pro und Siemens Elegra kosteten 140.000,00 DM bzw 275.000,00 DM. Derzeit erhalten wir für die Durchführung der Ultraschalluntersuchung mit allen Geräten das gleiche Honorar, obwohl die Bildauflösung und damit die Bildqualität sich erheblich zwischen den einzelnen Geräten unterscheiden. Wir sind der Überzeugung, dass sich unter Verwendung der hochauflösenden modernen Geräte ergänzende radiologische Untersuchungen wie Computertomographie in erheblichem Umfang einsparen lassen. Bitte haben sie Verständnis dafür, dass wir für die Ultraschalluntersuchung mit den Geräten Siemens Versa Pro und Siemens Elegra folgende Zuzahlung pro Quartal von ihnen einfordern: Siemens Elegra 30,00 DM Siemens Versa Pro 15,00 DM."
Aufgrund dieser Patientinneninformation wandten sich mehrere Krankenkassen an die KVN Bezirksstelle in St die den Kläger und seinen Kollegen zu einer Stellungnahme aufforderten. Unter dem 15. Januar 1998 wandten der Kläger und sein Kollege ein, dass in der Basisdiagnostik mit Geräten der Preisklasse 20.000,00 bis 50.000,00 DM nur 30 % aller Mißbildungen erkannt würden. Nur 8 % aller Herzfehler und 10 % der Extremitätenmißbildungen würden präpartal festgestellt. Dieses Ergebnis könne durch verbesserte Ausbildung und unter Verwendung von High-end-Geräten auf 70-80 % Erkennungsquote gesteigert werden. Die gegenwärtige Bewertung der Ultraschalluntersuchung im EBM ließe eine Kostendeckung der verwendeten High-end-Geräte jedoch nicht zu. Aus diesem Grunde würde den Patientinnen durch das Angebot einer privatärztlichen Untersuchung mittels der High-end-Geräte ein zusätzlicher Standard geboten. Der Vorstand der KVN Bezirksstelle St beantragte unter dem 18. März 1998 bei dem Disziplinarausschuss die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Kläger und seinen Partner Sch. In der Begründung des Antrages hieß es, dass der Vorstand der Bezirksstelle St der Beklagten in der Forderung nach einer Zuzahlung von Seiten der Patientinnen einen Verstoß gegen die vertragsärztlichen Pflichten sähen. Bei den Ultraschalluntersuchungen die mit den von dem Kläger und seinem Partner zur Verfügung gehaltenen Geräten erbracht würden, handele es sich eindeutig um Leistungen, die in der vertragsärztlichen Gebührenordnung EBM enthalten seien. Nach dem Bundesmantelvertrag dürften Vergütungsansprüche gegen Versicherte nur unter bestimmten Kriterien direkt erfolgen (§ 18 BMV). Ein Splitten der Leistung, dh, für eine Leistung einen Teil über die vertragsärztliche Abrechnung vergütet zu erhalten und einen weiteren privat zu liquidieren, sei grundsätzlich ausgeschlossen.
Der Disziplinarausschuss hörte den Kläger und seinen Partner an und beschloss mit Datum vom 17. Juli 1998, dass den Ärzten ein Verweis erteilt werde und zusätzlich jedem der Ärzte eine Geldbuße von 2.000,00 DM auferlegt werde. In der Begründung des Beschlusses, der dem Kläger, seinem Partner und deren Bevollmächtigten mittels Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, hieß es, dass die Ärzte, die seit dem 09. Dezember 1997 bis zum 15. Juli 1998 ihren Patientinnen sonographische Untersuchungen gegen Zuzahlung angeboten und diese Zuzahlungen auch kassiert hätten, sich damit des Verstoßes gegen vertragsärztliche Pflichten schuldig gemacht hätten. Der Verstoß gegen die vertragsärztlichen Pflichten liege darin, dass der Vertragsarzt nach § 18 Abs 3 BMV-Primärkassen und § 21 Abs 3 Arzt/Ersatzkassen-Vertrag für vertragsärztliche Leistungen keine Zuzahlung verlangen dürfe. Insbesondere sei die Handlungsweise der betroffenen Ärzte nicht durch §§ 18 Abs 1 Satz 2 BMV-Primärkassen und 21 Abs 1 Satz 2 Arzt-Ersatzkassenvertrag gedeckt, denn in keinem Fall hätten die Patientinnen vor Beginn der Behandlung ausdrücklich erklärt, auf eigenen Kosten behandelt werden zu wollen und dies den betroffenen Ärzten schriftlich bestätigt. Insbesondere werde auch durch die Unterschriftsleis...