Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialabgabe. Abgabepflicht. Kunstverein
Leitsatz (amtlich)
Ein Kunstverein, der keine Werke verkauft und auch nicht zum Verkauf anbietet, gehört nicht zu den abgabepflichtigen Unternehmen.
Normenkette
KSVG § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, Abs. 2
Verfahrensgang
SG Lüneburg (Urteil vom 30.01.1997; Aktenzeichen S 9 Kr 97/95) |
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Abgabepflicht des Klägers nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der selbstständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz -- KSVG).
Der Kläger ist ein seit 1965 bestehender Kunstverein (eingetragener Verein) mit ca 100 Mitgliedern; sein jährliches Beitragsaufkommen beträgt ca 3.000,00 DM. Darüber hinaus erhält der Kläger Zuschüsse der Stadt C und auf besonderen Antrag für einzelne Projekte Gelder aus Mitteln des Prämiensparaufkommens. Der Zuschuss der Stadt C beträgt derzeit jährlich ca 5.000,00 DM.
Der Kläger veranstaltet in der Regel jährlich zwei bis drei Ausstellungen. Nach seiner Satzung (§ 3) ist Zweck des Vereins die Förderung der modernen bildenden Kunst, insbesondere durch Ausstellungen, Vorträge und Aussprachen. Die Tätigkeit des Klägers beschränkt sich auf Planung, Vorbereitung und Durchführung von Ausstellungen. Die Mitglieder leisten die dafür erforderliche Vorarbeit unentgeltlich.
Mit Bescheid vom 19. September 1994 stellte die Beklagte die Abgabepflicht des Klägers nach § 24 KSVG seit dem 01. Januar 1983 fest. Der Kläger sei abgabepflichtig nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 6 KSVG , weil er als Unternehmer eine Galerie betreibe. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 04. Oktober 1994 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, er zahle keine Entgelte iSd § 25 KSVG an Künstler, denn hierfür stünden keine Mittel zur Verfügung. Soweit Gelder an Künstler gezahlt worden seien, handele es sich ausnahmslos um Aufwendungsersatz. Im Übrigen sei zweifelhaft, ob Kunstvereine überhaupt abgabepflichtig seien, denn sie seien im Gesetz nicht genannt, obwohl ihre Existenz bei der Formulierung des Gesetzes bekannt gewesen sei, denn Kunstvereine gäbe es seit über 100 Jahren. Diese seien in keiner Weise vergleichbar mit Galerien, den Kunsthandel, die im Gesetz als abgabepflichtig genannt seien.
Die Beklagte schätzte die vom Kläger zu zahlende Künstlersozialabgabe für die Jahre 1989 bis 1993 mit Bescheid vom 20. November 1994. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 02. Dezember 1994 Widerspruch ein. Er legte Zusammenstellungen der Abrechnungen für die Ausstellungen der Jahre 1989 bis 1993 vor. Mit Bescheid vom 21. Februar 1995 setzte die Beklagte die Gesamtsumme der Künstlersozialabgabe für die Jahre 1989 bis 1993 auf 1.786,56 DM fest. Den vom Kläger beantragten Erlass der Künstlersozialabgabe lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. März 1995 ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03. August 1995 lehnte die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Feststellung der grundsätzlichen Abgabepflicht, gegen die Abrechnungen der Künstlersozialabgabe und gegen die Entscheidung der Beklagten, einen Erlass der bisher fälligen Abgabe nicht zu bewilligen, ab. Die grundsätzliche Abgabepflicht sei zurecht erfolgt, da die Abgabepflicht vom Kunstvereinen als Unternehmer iSd § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 6 KSVG durch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20. April 1994 -- 3/12 RK 33/92 -- als abschließend geklärt anzusehen sei. Die grundsätzliche Abgabepflicht hänge nicht davon ab, ob ein Kunstverein Jahresgaben für seine Mitglieder verteile oder verkaufe. Allein die Durchführung von Kunstausstellungen erfülle den Tatbestand der Galerie. Ein Erlass der Künstlersozialabgabe sei abzulehnen, da ein Erlass nur in Betracht komme, wenn eine Unbilligkeit iS einer besonderen Härte vorliege. Dies sei zB bei einer Existenzgefährdung gegeben, die jedoch nicht im Falle des Klägers vorliege.
Der Kläger hat am 25. August 1995 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, er sei nicht Unternehmer iSd § 24 Abs 1 Nr 6 KSVG . Kunstvereine seien in dem Gesetz nicht aufgeführt. Es entspreche allerdings herrschender Meinung, dass sie trotzdem unter die Abgabepflicht fallen könnten, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllten. Voraussetzung sei, dass sie, wie die im Gesetz genannten Galerien, Kunsthandel betrieben. Dies geschehe, indem Jahresgaben verkauft oder Werke von Künstlern in Kommission genommen und verkauft würden. Beides finde bei ihm, dem Kläger, nicht statt. Auch ähnliche Tätigkeiten gebe es nicht. Er sei viel zu klein, um Jahresgaben aufzulegen und zu verkaufen. Auch die im Widerspruch enthaltenen weiteren Gründe für die Ablehnung eines Erlasses der Abgabe seien formelhaft, denn sie würden sich nicht mit den Argumenten des Klägers befassen. Er habe seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit im Einzelnen begründet. Im Übrigen habe er wegen des klaren Wortlautes des Gesetzes und der eindeutigen Rechtsprechung...