Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherung. Verletztengeld. Beiträge zur Rentenversicherung. weitere Beitragszahlung für Pflegeperson. Einstellung der Beitragszahlung. keine erhebliche Pflegebedürftigkeit. höhere Gewalt iS des SGG
Leitsatz (amtlich)
1. Gewährt ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung einem - nicht iS des § 15 Abs 1 Nr 1 SGB 11 erheblich pflegebedürftigen - Verletzten Pflegegeld und in diesem Rahmen auch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung der Pflegeperson, dann berechtigt ihn die zum 1.4.1995 eingeführte Verpflichtung der Pflegekasse zur Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen für den in § 44 Abs 1 SGB 11 beschriebenen Kreis der Pflegepersonen nicht dazu, die Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge für die Pflegeperson einzustellen. Entsprechendes gilt für den Wegfall der früher in § 177 Abs 1 SGB 6 aF vorgesehenen Möglichkeit zur Umwandlung von freiwilligen Beiträgen einer Pflegeperson in Pflichtbeiträge.
2. Zum Begriff der höheren Gewalt iS des § 66 Abs 2 S 1 SGG.
Tatbestand
Der als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung um 100 vH anerkannte Kläger wird von seiner Ehefrau, der bei der Beigeladenen zu 3.) versicherten Beigeladenen zu 1.), gepflegt. Aufgrund dieser Pflegeleistungen begehrt er die Zahlung von Beiträgen für die Absicherung seiner Ehefrau in der Gesetzlichen Rentenversicherung von der Beklagten, hilfsweise von der Beigeladenen zu 2.). Der Kläger ist als Postbeamter beihilfeberechtigt.
Am 13. September 1986 erlitt der Kläger einen dem Grunde nach von der Beigeladenen zu 2.) zu entschädigenden Arbeitsunfall. Bei diesem trug er eine offene Schädelhirnverletzung davon, als deren Folge eine inkomplette Lähmung der linken Extremitäten, eine Gesichtsfeldeinschränkung links und ein cerebrales Anfallsleiden fortbestehen. Die Beigeladene zu 2.) gewährt dem Kläger aufgrund dieses Unfalls eine Verletztenrente nach einer MdE um 80 vH. Mit Bescheid vom 06. Juli 1988 bewilligte sie ihm ferner aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalles Hilfe zur Pflege in Form eines monatlichen Pflegegeldes von anfänglich 1.285,60 DM. Dieses ist in der Folgezeit entsprechend den jährlichen gesetzlichen Rentenanpassungen regelmäßig erhöht worden. In Ergänzung zu diesen Pflegegeldzahlungen teilte die Beigeladene zu 2.) der Beigeladenen zu 3.) und der Ehefrau des Klägers mit Bescheid vom 28. Dezember 1993 mit, daß sie zusätzlich Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung für die Beigeladene zu 1.) auf der Grundlage der jeweils geltenden Bezugsgröße entrichten werde.
Im 1. Quartal 1995 gewährte die Beigeladene zu 2.) dem Kläger dementsprechend eine monatliche Rente von 824,80 DM und ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 1.679,60 DM. Zusätzlich entrichtete sie als Rentenversicherungsbeiträge für die Beigeladene zu 1.) monatlich 755,16 DM an die Beigeladene zu 3.).
Im Hinblick auf die mit dem Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungs-Gesetz -- PflegeVG -- vom 26. 05. 1994, BGBl I S 1014) erfolgten Änderungen in der Absicherung von Pflegepersonen in der Gesetzlichen Rentenversicherung teilte die Beigeladene zu 2.) den Beigeladenen zu 1.) und 3.) mit Schreiben vom 28. April 1995 mit, daß sie aufgrund der gesetzlichen Änderungen für die Beigeladene zu 1.) nur noch für die Zeit bis zum 31. März 1995 Rentenversicherungsbeiträge entrichte. Mit einem an den Kläger gerichteten weiteren Schreiben vom selben Tage teilte die Beigeladene zu 2.) ergänzend folgendes mit:
"Durch die Streichung der §§ 57 Abs 2 sowie 177 Abs 1 und 2 SGB VI hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten, Berücksichtigungszeiten wegen Pflege zu erhalten, freiwillige Beiträge in Pflichtbeiträge umzuwandeln und zusätzliche Pflichtbeiträge zu zahlen, verschlossen. Damit entfällt ab 01. April 1995 die Möglichkeit, durch Wahl der Höhe der Beiträge Rentenanwartschaften unter Berücksichtigung des individuellen Sicherheitsbedürfnisses zu beeinflussen. Die beitragspflichtigen Einnahmen werden künftig fiktiv unter Berücksichtigung des Pflegebedarfs gestaffelt als Vomhundertsatz der Bezugsgröße berücksichtigt. Der Gesetzlichen Unfallversicherung ist damit auch die theoretische Möglichkeit genommen, in Fällen, in denen die besonderen Voraussetzungen für die Leistungen der Pflegekasse (zB wenigstens 14 Stunden Pflege in der Woche -§ 19 SGB XI-) nicht erfüllt sind, Beitragszahlungen, verbessernde Anwartschaften in der Rentenversicherung zu begründen. Es besteht auch nicht die Möglichkeit, in laufenden Fällen unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Besitzstandes die Leistungen der Pflegekasse zur Gesetzlichen Rentenversicherung zu ergänzen.
Gem § 48 SGB X iVm Artikel 5 des Pflegeversicherungsgesetzes entfallen wegen der durch das Pflegeversicherungsgesetz eingetretenen wesentlichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse ab 01. 04. 1995 die im Rahmen des Pflegegeldes von hier gezahlten Leistungen zur sozialen Absicherung der für Sie unentgeltlich tätigen Pflegeperson."
Dem Schreiben war keine ...