Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Arbeitslosengeldes. gewöhnlich anfallende Entgeltabzüge

 

Orientierungssatz

Bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes wird nicht an die individuellen Verhältnisse des einzelnen Arbeitslosen angeknüpft. Die §§ 129ff, 136 Abs 1 SGB 3 finden ihre inhaltliche Entsprechung in § 111 AFG, weswegen auf die hierzu ergangene Rechtsprechung und Kommentierung zurückgegriffen werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 31.01.2000; Aktenzeichen B 11 AL 271/99 B)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob bei dem Kläger bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes (Alg) hinsichtlich der Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung auch dann zu berücksichtigen sind, wenn der Antragsteller von der diesbezüglichen Versicherungspflicht befreit ist.

Der 1946 geborene Kläger meldete sich beim Arbeitsamt Wilhelmshaven unter dem 13. März 1998 mit Wirkung ab dem 10. April 1998 (Ende der Wehrübung: 9. April 1998) arbeitslos unter gleichzeitiger Beantragung von Alg. Er war zuvor vom 1. November 1983 bis 31. Dezember 1992 bei der D.-Versicherung als Außendienstmitarbeiter und ab 1. Januar 1993 bis 31. März 1998 bei der Firma P. Sicherungsdienste GmbH + Co. KG als Wachmann beschäftigt gewesen. Der Kläger ist seit 1986 von der Versicherungspflicht zur Kranken- und Rentenversicherung befreit. Mit Bescheid vom 18. Mai 1998 bewilligte die Beklagte Alg ab dem 10. April 1998 nach einem Bemessungsentgelt von (wöchentlich) DM 970,00 unter Zuordnung zur Leistungsgruppe A in Höhe von wöchentlich DM 339,15. Die Anspruchsdauer wurde vorläufig auf 240 Kalendertage festgesetzt.

Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er von der Versicherungspflicht zur Kranken- und Rentenversicherung befreit sei und insoweit bei der Berechnung seines Alg diese Abzüge nicht angerechnet werden dürften. Es gebe keine gesetzliche Verpflichtung, eine entsprechende Versicherung abzuschließen. Es bleibe allein ihm überlassen, wie er seine Altersversorgung und die Krankheitskosten absichere. Dazu werde auch der ihm auszuzahlende Lohnanteil benötigt und verwendet.

Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat durch Gerichtsbescheid vom 8. März 1999 die Klage abgewiesen: Es sei stets abgelehnt worden, die vom Gesetz bereits früher (§ 111 Arbeitsförderungsgesetz - AFG -) vorgesehene pauschale Betrachtungsweise als verfassungswidrig zu erachten. Im Bereich einer Massenverwaltung, wie sie im Rahmen der Arbeitslosenversicherung zu erfolgen habe, könne nicht auf Besonderheiten wie im Falle des Klägers eingegangen werden.

Mit seiner Berufung trägt der Kläger vor, dass es bei ihm sehr wohl auf die Besonderheiten ankomme. Er bestreite seine Kranken- und Altersversorgung durch Rücklagen bzw durch eine Immobilie. Es widerspreche jeglicher Logik, bei Nachweis einer privaten Kranken- und Rentenversicherung die Beiträge an das jeweilige Versicherungsunternehmen zu überweisen, jedoch bei Bestreiten der Kranken- und Altersversorgung durch eigene Rücklagen einen pauschalierten Abzug weiterhin vorzunehmen.

Der Kläger beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 8. März 1999 sowie den Bescheid des Arbeitsamtes Wilhelmshaven vom 18. Mai 1998 und den Änderungsbescheid vom 4. August 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1998 nebst Folgebescheide abzuändern,

2. die Beklagte zu verpflichten, ihm ab dem 10. April 1998 höhere Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und wegen des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang vom Arbeitsamt Wilhelmshaven Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da sie laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Denn die Anspruchsdauer wurde durch Bescheid vom 10. August 1998 auf 789 Tage festgesetzt. Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht ab dem 10. April 1998 kein höheres Alg zu.

Die Höhe des Alg bestimmt sich nach § 129 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vom 24. März 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 594), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 2998). Danach beträgt das Alg im vorliegenden Fall 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).

Das Bemessungsentgelt ist das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt, das der Erhebung der Beiträge nach diesem Buch zugrunde lag (§ 132 Abs 1 SGB III). Nach Abs 2 dieser Regelung ist für die Berechnung des B...

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