Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegeunfall. innerer Zusammenhang. Erinnerungslücke. Beweislast
Orientierungssatz
Es ist nicht erforderlich, daß eine vom Heimweg unabhängige Ursache mit absoluter Sicherheit feststehen muß. Vielmehr trägt der Kläger die Beweislast dafür, daß betriebsbezogene Umstände seine Verletzungen herbeigeführt haben (vgl BSG vom 30.1.1970 - 2 RU 175/67 = BSGE 30, 278).
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Entschädigung von Verletzungen, die er auf dem Heimweg von einer betrieblichen Weihnachtsfeier erlitt.
Der 1973 geborene Kläger war in dem Autohaus R als Kfz-Mechaniker beschäftigt. Am 17. Dezember 1993 nahm er gemeinsam mit seinen Arbeitskollegen und dem Betriebsinhaber an einer Weihnachtsfeier teil. Ein Arbeitskollege, der keinen Alkohol trinkt, holte den Kläger und die übrigen Mitarbeiter von zu Hause ab und brachte sie -- bis auf den Kläger und einen anderen Arbeitskollegen -- nach der Weihnachtsfeier auch wieder zurück. Die letzten Mitarbeiter wurden von ihm gegen 1.15 Uhr nach Hause gebracht. Der Kläger wollte lieber zu Fuß nach Hause gehen, um noch frische Luft zu schnappen. Er verließ den Betriebshof in Richtung eines hinter der Werkstatt beginnenden Feldweges, der auch als Seilerbahn benutzt wird (Vernehmung des früheren Arbeitgebers des Klägers R und des früheren Arbeitskollegen D durch das Kriminalkommissariat D vom 20. Dezember 1993, Bl. 17, 26 der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft). Die Entfernung von dem Kfz-Betrieb bis zum elterlichen Haus des Klägers beträgt über den Feldweg 950 m. Der Kläger kam jedoch nicht zu Hause an. Er wurde am 18. Dezember 1993 gegen 13.00 Uhr auf dem Feldweg liegend etwa 500 m vom elterlichen Haus entfernt neben einem Strommast aufgefunden und wurde mit dem Notarztwagen in das F Hospital H, G, gefahren. Bei der Aufnahmeuntersuchung um 14.45 Uhr wurde ein schläfriger, deutlich verlangsamter Zustand des Klägers mit starker Unterkühlung festgestellt. Er klagte über Schmerzen im Nackenbereich. Klinisch fand sich kein Hinweis für eine Kopfverletzung. Im unteren Anteil der Halswirbelsäule (HWS) bestand ein mäßiger Druckschmerz. Im Bereich des linken Brustkorbes wurde eine doppelhandtellergroße Hautabschürfung gefunden. Des weiteren bestanden Schmerzen und Schwellungen im Bereich des linken Oberschenkels. Der Kläger konnte seine unteren Extremitäten nicht bewegen. Neben einer Brustkorbprellung links, einem Schockzustand bei ausgeprägter Unterkühlung und einer Querfraktur des Oberschenkels im Übergangsbereich des mittleren und distalen Drittels wurde eine Berstungsfraktur des 7. Halswirbelkörpers mit entsprechender Querschnittssymptomatik diagnostiziert. Deshalb wurde der Kläger sofort zur operativen Versorgung in die Berufsgenossenschaftlichen Krankenanstalten B, B, verlegt (Durchgangsarztbericht vom 21. Dezember 1993, Arztbrief des Dr. K vom 22. Dezember 1993). Trotz sofortiger operativer Dekompression und Stabilisierung bildeten sich die Lähmungserscheinungen nicht zurück. Es besteht eine vollständige Querschnittslähmung.
Im Rahmen der Ermittlungen des Kriminalkommissariats D gab der Sanitäter S-D an, der Kläger habe bei seinem Eintreffen auf Befragen klar und deutlich geantwortet, er sei etwa gegen 2.30 Uhr gegen den Mast gelaufen und habe sich dabei verletzt. Er habe lediglich über Schmerzen im Schulterbereich geklagt und nur seine Arme leicht bewegen können. Ferner sei ihm aufgefallen, daß die rechte Hand des Klägers stark verschmutzt gewesen sei. An der linken Rumpfseite habe er eine Rötung festgestellt. Sowohl die schwarze Hand als auch diese Hautverfärbung sprächen eventuell für einen Stromschlag. Diese Angaben wurden von Dr. S bestätigt. Dr. St gab an, der Kläger habe seine Frage, ob er auf den Mast geklettert sei, verneint. Er habe ihm mitgeteilt, lediglich gegen den Mast gelaufen zu sein. Aufgrund der Verletzungen habe er den Verdacht, daß der Kläger Opfer eines Stromschlages geworden sein könnte. Das Kriminalkommissariat ging nach diesen Ermittlungen davon aus, daß der Kläger infolge Trunkenheit aus unerklärlichen Gründen den Hochspannungsmast erklommen und dabei mit der Oberleitung in Berührung gekommen sei. Der Alkoholgehalt im Blut des Klägers wurde nicht untersucht. Als Folge der Berührung sei der Kläger von dem Mast heruntergestürzt und habe sich die Verletzungen zugezogen. Spuren, die auf ein Besteigen des Mastes schließen ließen, wurden nicht gefunden. Ein Dämmerungsschalter, der normalerweise in einer Höhe von 3,30 m außen am Mastgerüst mit Kunststoffverbindern befestigt wird, war aus der Verankerung gerissen. Wann diese Beschädigung verursacht wurde, konnte nicht geklärt werden (Ermittlungsbericht vom 20. Dezember 1993, Bl. 1 ff. der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft). Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft erstatteten der Stationsarzt Dr. F und der Leitende Arzt der Abteilung für Rückenmarkverletzte in der Chirurgischen Klinik und Poli...