Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Analogleistung
Orientierungssatz
1. Voraussetzung für die Gewährung von sog. Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist u. a. , dass der Antragsteller Grundleistungen nach § 3 AsylbLG über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten bezogen hat. Die Vorbezugsfrist des § 2 Abs. 1 AsylbLG ist keine Wartefrist, innerhalb derer es unerheblich wäre, ob und welche Leistungen der Ausländer bezogen hat.
2. Einer den Wortlaut des § 2 AsylbLG erweiternden Auslegung, mit der Bezugszeiten anderer Leistungen als derjenigen nach § 3 AsylbLG oder Zeiten ohne irgendeinen Leistungsbezug im Rahmen der Vorbezugsfrist gleichgestellt würden, stehen Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung entgegen.
3. Im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 9. 2. 2010 erscheint es fraglich, ob die Leistungen nach § 3 AsylbLG mit der Verfassung vereinbar sind. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erscheint es aber nicht geboten, höhere Leistungen über den vom AsylbLG gesetzlich festgelegten Rahmen hinaus zuzusprechen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 15.12.2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, ihnen anstelle der tatsächlich gewährten Grundleistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sog. Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG zu gewähren.
Die am 00.00.1982 in Nigeria geborene Antragstellerin zu 1 ist Mutter der übrigen Antragsteller. Sie hält sich seit dem Jahre 1992 in Deutschland auf. In Deutschland wurden am 00.00.1997 die Antragstellerin zu 2 sowie am 00.00.2001 der Antragsteller zu 3 geboren. Sämtliche Antragsteller sind im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Nach dem Vortrag der Antragsteller ist nicht mehr nachweisbar, wie die Sicherstellung des Lebensunterhalts der Antragstellerin zu 1 im Zeitraum vom 02.11.1992 bis zum 04.11.1996 geschehen ist; vermutlich seien Leistungen nach Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewährt worden, oder es hätten die seinerzeitigen Pflegeeltern den Lebensunterhalt sichergestellt.
Vom 05.11.1996 bis 24.11.1997 wurden der Antragstellerin zu 1 Jugendhilfeleistungen gewährt. Seit November 1997 und bis zum 19.08.2000 wurde der Lebensunterhalt der Antragsteller vom Vater der Antragstellerin zu 2 sichergestellt. Sämtliche Antragsteller bezogen seit dem 01.01.2005 bis zum November 2008 aufgrund eines Versehens beim entsprechenden Leistungsträger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Antragstellerin zu 1 bezog folgende Leistungen nach dem AsylbLG:
01. und 02.11.1993 Grundleistungen § 3 2 Tage Juni 1997 Analogleistungen § 2 01.07. bis 30.11.1997 Grundleistungen § 3 4 Monate seit 01.12.2008 bis heute Grundleistungen § 3 18 Monate
Die Antragsteller zu 2 und 3 beziehen erstmals seit dem 01.12.2008 Grundleistungen nach § 3 AsylbLG.
Die Antragsgegnerin lehnte die Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.06.2008 - B 8/9b AY 1/07 R ab. Nach dieser Entscheidung sei für die Erfüllung des Vorbezugszeitraums des § 2 Abs. 1 AsylbLG erforderlich, dass Grundleistungen nach § 3 AsylbLG über einen Zeitraum von 48 Monaten tatsächlich bezogen wurden.
Am 08.12.2009 haben die Antragsteller, die gegen die Gewährung nur von Grundleistungen ein Hauptsacheverfahren durchführen, beim Sozialgericht u.a. (soweit im Beschwerdeverfahren noch streitig) beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen statt der gewährten Grundleistungen Analogleistungen zu gewähren.
Sie haben u.a. vorgetragen, Vater der Antragstellerin zu 2 sei Herr P U, Herr U sei britischer Staatsangehöriger und derzeit verschollen. Die Trennung von der Antragstellerin zu 1 sei bereits im August 2000 erfolgt. Seinerzeit sei versäumt worden, die Frage der britischen Staatsangehörigkeit der Antragsteller zu 2 zu klären.
Würden die seit der Einreise der Antragstellerin zu 1 nach Deutschland bzw. seit der Geburt der übrigen Antragsteller bezogenen sonstigen Leistungen nach dem BSHG, dem SGB II oder die Leistungen der Jugendhilfe, ferner die Sicherstellung des Lebensunterhalts durch Unterhaltsleistungen anderer, auf die Vorbezugsfrist des § 2 Abs. 1 AsylbLG angerechnet, hätten sie bereits seit Einsetzen der Leistungsgewährung im Dezember 2008 einen Anspruch auf Analogleistungen.
Als Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG unterfielen sie zwar dem Leistungsregime des AsylbLG. Die Nichtberücksichtigung ihrer bisherigen Aufenthaltsdauer und ihres bisherigen leistungsrechtlichen Status begegne jedoch erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken:
Sie hätten auf die Art ihres Leistungsbezuges keinen Einfluss gehabt. Die Dauer ihres Aufenthalts hätten sie, was auch die Antragsgegnerin nicht behaupte, nicht selbst rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Die Gr...