Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Mietschulden durch den Grundsicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Die Übernahme von Mietschulden für eine unangemessene Wohnung ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt. § 22 Abs. 8 SGB 2 schützt eine Wohnung nur dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Dazu müssen die laufenden Kosten der Wohnung dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 2 in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes vom Grundsicherungsträger zu übernehmen ist. Sind diese unangemessen hoch, so sind auch die entsprechenden Mietschulden nicht zu übernehmen.

2. Mietschulden sind auch dann nicht zu übernehmen, wenn sie dadurch entstanden sind, dass der Leistungsempfänger die bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung nicht an den Vermieter weitergeleitet , sondern für andere Zwecke, u. a. zur Tilgung von anderen Schulden, verwendet hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht absehbar ist, dass die Zahlung der vollen Unterkunftskosten in Zukunft gesichert ist, es sei denn, der Leistungsempfänger kann überzeugend eine konkrete Aussicht auf eine wesentliche Besserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen.

 

Tenor

Die Beschwerden der Antragstellerin gegen Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 23.11.2011 werden zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

Seit dem 16.07.2005 bewohnt die Antragstellerin die 51,75 qm große Wohnung, X-Straße 00, C. Die Bruttowarmmiete beläuft sich ab dem 01.08.2011 auf 450,79 EUR mtl. Sie setzt sich aus einer Nettokaltmiete von 277,79 EUR, einer Betriebskostenvorauszahlung von 72,00 EUR und einer Heizkostenvorauszahlung von 101,00 EUR zusammen. Die Wohnung wird mit einer Gas-Zentralheizung beheizt. Die Warmwassererzeugung erfolgt zentral.

Die Antragstellerin bezieht seit Februar 2006 von dem Jobcenter C durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 01.03.2006 teilte die Rechtsvorgängerin des Jobcenters C der Antragstellerin mit, dass die Unterkunftskosten unangemessen seien. Seit dem 01.10.2006 übernahm die Rechtsvorgängerin des Jobcenters C bzw. das Jobcenter C nicht mehr die tatsächlichen sondern nur noch abgesenkte Kosten der Unterkunft. Durch Bescheid vom 12.09.2011 bewilligte das Jobcenter C zuletzt Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 785,00 EUR (364,00 EUR Regelleistung + 421,00 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) vorläufig für die Zeit vom 01.11.2011 bis 30.04.2012. Die Antragstellerin betreibt ein Online-Geschäft für X-Moden.

Die Vermieterin erhob am 16.09.2011 Räumungsklage. Sie machte geltend, der Mietrückstand betrage 6.636,06 EUR und das Mietverhältnis sei fristlos gekündigt worden. Während des Verfahrens sprach die Vermieterin wegen rückständiger Mieten für die Monate Oktober und November 2011 eine weitere fristlose Kündigung aus. Durch Urteil vom 22.12.2011 verurteilte das Amtsgericht C, 000, die Antragstellerin zur Räumung der Wohnung ohne Räumungsfrist.

Durch Bescheid vom 15.09.2011 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf die Übernahme der Mietschulden nach § 22 Abs. 8 SGB II ab. Eine Übernahme von Mietschulden komme nicht in Betracht, wenn diese durch den Verbleib in einer unangemessenen Wohnung verursacht wurden seien, obwohl der Antragsteller zur Kostensenkung aufgefordert worden sei. Des weiteren sei die Bestreitung der Mietkosten in der Zukunft nicht sichergestellt und ebensowenig, dass keine neuen Mietrückstände aufzulaufen drohten. Auch drohe bei der derzeitigen Wohnungsmarktsituation in C keine Obdachlosigkeit. Am 09.08.2011 seien der Antragstellerin zwei Wohnungsangebote unterbreitet worden. Den hiergegen erhobenen Widerspruch verwarf die Antragsgegnerin durch Widerspruchsbescheid vom 15.11.2001 wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig. Am 27.11.2011 stellte die Antragstellerin einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Am 09.11.2011 hat die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu verpflichten, die Mietschulden in Höhe von 7.507,64 EUR als Darlehen zu übernehmen.

Sie hat vorgetragen, dass die Übernahme der Mietrückstände die Wohnung der Antragstellerin sichern würde. Da die Vermieterin das Mietverhältnis nur fristlos gekündigt habe, bestehe für sie Möglichkeit, die fristlose Kündigung durch Begleichung des gesamten Mietrückstandes innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu beseitigen und den Mietvertrag aufrecht zu erhalten. Die Schonfrist laufe zum 12.12.2011 ab. Gründe, die gegen die vom Gesetz als Regelfall vorgesehene Übernahme der Mietrückstände sprechen, bestünden nicht. Die Wohnung sei angemessen. Die Wohnfläche betrage 51 qm, davon seien 46 qm beheizbar. Der Quadratmeterpreis liege unter 5,50 EUR. Nach der Rechtsprechung des Landesozialgerichts rechtfertige ledigli...

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