Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Ermittlung des Streitwerts. Berücksichtigung des Wertes einer Hilfswiderklage bei der Streitwertbildung. Zulässigkeit der Entscheidung über eine Streitwertbeschwerde durch den Einzelrichter

 

Orientierungssatz

1. Über Beschwerden gegen die Festsetzung des Streitwertes durch das Sozialgericht entscheidet auch im Verfahren vor dem Landessozialgericht der Berichterstatter im Verfahren als Einzelrichter, soweit die Sache nicht ausnahmsweise eine besondere Schwierigkeit oder Bedeutung hat.

2. Bei der Ermittlung des Streitwertes in einem sozialgerichtlichen Verfahren werden die Streitwerte einer Klage und einer Hilfswiderklage nur dann zu einem Gesamtstreitwert zusammen gerechnet, wenn über die hilfsweise eingelegte Widerklage auch tatsächlich eine Entscheidung ergangen ist. Wird dagegen die Hilfswiderklage zurück genommen, wird ihr Wert bei der Streitwertbildung nicht mit eingerechnet. Dies gilt auch dann, wenn sich der Rechtsstreit durch Anerkenntnis erledigt hat, jedenfalls soweit mit dem Anerkenntnis auch die Rücknahme der Hilfswiderklage erklärt wurde.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 17.11.2016 wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

1. Der Senat entscheidet gemäß § 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 2. Halbsatz Gerichtskostengesetz (GKG) über die Beschwerde durch den Berichterstatter als Einzelrichter. Soweit der Senat im Beschluss vom 24.03.2015 - L 1 KR 482/14 B -, juris Rn. 16, die Auffassung vertreten hat, über Beschwerden gegen die Festsetzung des Streitwertes durch das Sozialgericht habe der Senat stets in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zu entscheiden, hat er diese Auffassung im Beschluss vom 17.11.2015 - L 1 KR 323/15 B -, juris Rn. 5, auf den Bezug genommen wird, aufgegeben. Der genannte Beschluss bezieht sich zwar auf die Vorschrift des § 33 Abs. 8 Satz 1 2. Halbsatz Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Der Wortlaut dieser Regelung ist jedoch mit § 66 Abs. 6 Satz 1 2. Halbsatz GKG identisch, so dass für Beschwerden gegen die Streitwertfestsetzung nichts anderes gelten kann als für Beschwerden gegen die Höhe der Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung bei gewährter Prozesskostenhilfe.

Das Beschwerdeverfahren war auch nicht gemäß § 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG dem Senat zu übertragen, denn weder weist die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung.

2. Der Senat geht in Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes davon aus, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung im eigenen Namen und nicht im Namen des Klägers eingelegt hat und deshalb selbst Beschwerdeführer ist.

Der Kläger selbst wäre durch eine möglicherweise zu niedrig erfolgte Festsetzung des Streitwerts nicht beschwert und deshalb nicht beschwerdebefugt. Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind nur dann rügeberechtigt, wenn der Streitwert zu ihren Lasten zu hoch festgesetzt wurde. Liegt der Streitwertbeschwerde, wie hier, das Ziel zu Grunde, einen höheren Streitwert festsetzen zu lassen, kann es dem in der Sache obsiegenden Beteiligten lediglich darum gehen, die Differenz zwischen einer nach § 4 RVG vereinbarten Vergütung und der Erstattung der notwendigen Kosten durch den nach Maßgabe des § 197a Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kostentragungspflichtigen unterliegenden Beteiligten zu minimieren. Abgesehen davon, dass hier keine Anhaltspunkte für den Abschluss einer Gebührenvereinbarung bestehen, ist die Frage, welche Vergütungshöhe vereinbart wird, Ausfluss der Vertragsfreiheit und damit ein autonomes Gestaltungsrecht im Verhältnis von Rechtsanwalt und Mandant. Derartige Vereinbarungen - so sie denn hier überhaupt getroffen wurden - betreffen allein deren Rechtssphäre und können ein rechtliches Interesse auf Festsetzung eines höheren Streitwertes nicht begründen. Mittelbare Auswirkungen der Streitwertfestsetzung sind insoweit unbeachtlich (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 24.02.2006 - L 10 B 21/05 KA -, juris Rn. 8; Beschl. des Senats vom 24.03.2015 - L 1 KR 482/14 B -, juris Rn. 22).

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich in der Beschwerdeschrift jedoch nicht ausdrücklich auf die Vollmacht und den Auftrag seines Mandanten bezogen (siehe demgegenüber den Beschl. des Senats vom 24.03.2015 - L 1 KR 482/14 B -, juris Rn. 23). Er hat zwar auch nicht deutlich gemacht, einen eigenen Rechtsbehelf einlegen zu wollen, was eigentlich von einem rechtskundigen Prozessbevollmächtigten zu erwarten wäre. Der Senat sieht dies jedoch unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes als unschädlich an und geht davon aus, dass der Prozessbevollmächtigte, der ein erkennbares Interesse an der Festsetzung eines höheren Streitwertes hat, einen zulässigen Rechtsbehelf und d...

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