Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Montagehelfer
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Ist ein Montagehelfer gegenüber seinem Auftraggeber weisungsgebunden und in dessen Betriebsorganisation eingegliedert, ist die Arbeit höchstpersönlich zu einem vereinbarten Stundensatz zu leisten, verfügt er über keine eigene Betriebsstätte und hat er kein wesentliches unternehmerisches Risiko zu tragen, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
3. Dem widerspricht nicht das Fehlen einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und von bezahltem Urlaub, die Anmeldung eines eigenen Gewerbes und das Recht, für weitere Auftraggeber tätig zu werden.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 16.4.2020 geändert.
Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der beim Sozialgericht Münster unter dem Aktenzeichen S 24 BA 49/19 anhängigen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.7.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.6.2019 wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.218,24 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der beim Sozialgericht (SG) Münster unter dem Aktenzeichen S 24 BA 49/19 anhängigen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.7.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.6.2019 ist nicht begründet.
Es spricht nach der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung derzeit nicht - wie erforderlich (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 4 m.w.N.) - mehr dafür als dagegen, dass sich der angefochtene Bescheid, mit dem die Antragsgegnerin vom Antragsteller für den Zeitraum vom 9.1.2015 bis 3.10.2015 Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie Umlagen in Höhe von insgesamt 8.872,95 Euro nachfordert, als rechtswidrig erweisen wird.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine - wie hier erfolgte - Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung.
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 3). Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).
1. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.10.2020 - L 8 BA 143/19 B ER - juris Rn. 4; Beschl. v. 12.2.2020 - L 8 BA 157/19 B ER - juris Rn. 5 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht wahrscheinlich ist. Es spricht nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebot...