Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem unbezifferten Antrag auf höheren Regelbedarf hat das Beschwerdegericht den Beschwerdewert zu ermitteln. Das erfolgt durch eine überschlägige Berechnung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens.
2. Bei der Klage auf höhere Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für einen bestimmten Zeitraum liegt keine objektive Klagehäufung i.S.v. § 56 SGG betreffend die Berechnungselemente vor. Denn bei einem Streit um höhere Grundsicherungsleistungen sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen und es handelt sich somit um einen und nicht mehrere Streitgestände i.S.v. § 95 SGG.
3. Nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn unter anderem der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist in der Regel der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs. Entscheidungsreife eines Prozesskostenhilfegesuchs liegt vor, wenn der Antragsteller einen bewilligungsreifen Antrag vorgelegt und der Gegner nach §§ 73 Abs. 1 S. 1 SGG, 118 Abs. 1 S. 1 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat.
Normenkette
SGG § 202 S. 1, §§ 56, 73a Abs. 1 S. 1, §§ 73, 95; ZPO § 145 Abs. 1, § 114 ff., § 188 Abs. 1 S. 1
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.08.2022 geändert.
Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt R aus J beigeordnet.
Gründe
I.
Mit Bescheid vom 12.10.2021 in der Fassung der Bescheide vom 27.10.2021 und vom 27.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.10.2021 bis 30.09.2022. Bei der Bedarfsermittlung berücksichtigte er u.a. einen Regelbedarf des Klägers i.H.v. 446,00 EUR monatlich bzw. ab dem 01.01.2022 i.H.v. 449,00 EUR monatlich.
Am 07.01.2022 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Klage erhoben mit dem Begehren,
den Bescheid vom 12.10.2021 in der Fassung der Bescheide vom 27.10.2021 und 27.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2021 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger höhere Leistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Er hat vorgetragen, dass die Regelbedarfe für 2021 und 2022 evident unzureichend seien. Weiterhin seien die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht korrekt.
Der Kläger hat Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Änderungsbescheid vom 16.02.2022 erhöhte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen für November 2021 wegen einer Betriebskostennachzahlung um 28,89 EUR.
Mit Änderungsbescheid vom 06.04.2022 hat der Beklagte dem Kläger höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung geänderter Bedarfe nach § 22 Abs. 1 SGB II für die Zeit vom 01.10.2021 bis 30.09.2022 bewilligt
Mit Beschluss vom 25.07.2022 hat das Sozialgericht Dortmund den Rechtsstreit getrennt, soweit es um Kosten der Unterkunft und Heizung geht. Der Rechtsstreit betreffend die Kosten der Unterkunft und Heizung werde unter einem noch bekanntzugebenden Aktenzeichen weitergeführt. Zur Begründung führte es aus, dass die Trennung zweckmäßig sei, weil es sich um verschiedene Streitgegenstände handle.
Mit Beschluss vom 12.08.2022 hat das Sozialgericht Dortmund den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Bemessung der Regelsätze für 2021 und 2022 entspreche verfassungsrechtlichen Vorgaben. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt.
II.
A. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Statthaftigkeit der Beschwerde richtet sich nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 b) SGG. Hiernach ist die gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe gerichtete Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Dies ist hier nicht der Fall. Nach § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Den Streitgegenstand des Klageverfahrens bildet nach dem Trennungsbeschluss vom 25.07.2022 die durch Bescheid vom 12.10.2021 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27.10.2021 und 27.11.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2021 verfügte Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II mit Ausnahme des Bedarfes nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II an den Kläger für die Zeit vom 01.10.2021 bis 30.09.2022. Der Kläger begehrt höheren Regelbedarf im Bewilligungszeitraum, ohne diesen zu beziffern. Bei einem unbezifferten Antrag hat das Beschwerdegericht den Beschwerdewert zu ermitteln. Dabei ist eine überschlägige Berechnung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens ausreichend (vgl. BSG, Besch...