Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Überprüfungsantrag. Nachzahlung von Sozialleistungen. Sozialhilfe. Nachzahlung für höchstens 1 Jahr. Übergangsvorschrift des § 136 SGB 12 aF. keine Anwendbarkeit in Fällen einer Überprüfung von Amts wegen

 

Orientierungssatz

Die Übergangsvorschrift des § 136 SGB 12 in der Fassung vom 24.3.2011, wonach § 116a SGB 12 nicht auf Anträge nach § 44 SGB 10 anwendbar ist, die vor dem 1.4.2011 gestellt worden sind, ist in Fällen, in denen das Überprüfungsverfahren nicht auf Antrag, sondern von Amts wegen eingeleitet wird, nicht - auch nicht analog - anwendbar.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 29.08.2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt mit seiner Beschwerde Prozesskostenhilfe für ein Verfahren vor dem Sozialgericht, in dem die rückwirkende Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) für die Zeit von September bis Dezember 2009 streitig ist.

Der am 00.00.1991 geborene Kläger ist schwerbehindert, lebt im Haushalt seiner Eltern und ist seit dem 01.12.2011 in einer Behindertenwerkstatt tätig. Seit September 2009 bezieht er von der Beklagten laufend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß §§ 41 ff. SGB XII. Durch den der erstmaligen Leistungserbringung zugrundeliegenden Bescheid vom 18.08.2009 bewilligte die Beklagte entsprechende Leistungen für die Zeit von September 2009 bis Juni 2010 i.H.v. monatlich 335,79 EUR (Stand: September 2009). Dabei brachte sie im Rahmen der Bedarfsberechnung den Regelsatz für Haushaltsangehörige i.H.v. 287,00 EUR (vgl. § 42 Nr. 1 SGB XII i.V.m. der damals geltenden Regelsatzverordnung) zuzüglich eines Mehrbedarfs wegen Erwerbsminderung i.H.v. 48,79 EUR in Ansatz. Ein inhaltsgleicher Bescheid erging unter dem 18.09.2009, nachdem der Kläger den Bescheid vom 18.08.2009 nicht erhalten hatte.

In der Folgezeit bestanden zwischen dem Kläger und der Beklagten diverse schriftliche Kontakte. So bat die Beklagte den Kläger im Mai 2010 im Hinblick auf die Weitergewährung der Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab Juli 2010 und etwaige Unterkunftskosten um Vorlage einer Bescheinigung seines Vermieters. Nachdem der Kläger die Beklagte nachfolgend unter dem 30.05.2010 um Nennung einer unabhängigen Beratungsstelle bezüglich der Leistungen nach dem SGB XII gebeten hatte, verwies die Beklagte ihn mit Schreiben aus Juni 2010 an das dortige Sozialamt sowie den S-Kreis. Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache teilte der Kläger der Beklagten schließlich im Juli 2010 mit, dass er zwar weiterhin im Haushalt seiner Eltern lebe, jedoch seit Juli 2010 monatlich Miete (inklusive Heiz- und Nebenkosten) i.H.v. 200,00 EUR zahle. Daraufhin bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 02.07.2010 für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 30.06.2011 Grundsicherungsleistungen i.H.v. nunmehr monatlich 535,79 EUR unter zusätzlicher Berücksichtigung angemessener Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 200,00 EUR.

Mit dem im Klageverfahren angefochtenen Bescheid vom 21.11.2011 hob die Beklagte den Bescheid vom 18.09.2009 sowie sämtliche hierauf folgenden, den Leistungszeitraum von Januar bis Dezember 2010 betreffenden Bewilligungsbescheide gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 116a SGB XII teilweise auf und gewährte dem Kläger für die Zeit von Januar bis Dezember 2010 eine Nachzahlung i.H.v. insgesamt 1.058,88 EUR. Dabei legte sie im Rahmen der Bedarfsberechnung nunmehr den vollen Eckregelsatz eines Haushaltsvorstandes sowie einen entsprechenden Mehrbedarfszuschlag zugrunde. Zur Begründung verwies die Beklagte auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.05.2009 - B 8 SO 8/08 R, 23.03.2010 - B 8 SO 17/09 R sowie zuletzt vom 09.06.2011 - B 8 SO 11/10 R, nach denen volljährigen, behinderten Kindern, die im Haushalt der Eltern bzw. eines Elternteils leben, der volle Eckregelsatz und die damit korrespondierenden Mehrbedarfszuschläge zu gewähren seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 02.12.2011 Widerspruch und machte geltend, auch für die Zeit von September bis Dezember 2009 seien ihm höhere Grundsicherungsleistungen zuzuerkennen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2012 wies der S-Kreis als zuständige Widerspruchsbehörde den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Gründen führte er im Wesentlichen aus, dem Kläger sei der volle Eckregelsatz gemäß § 44 SGB X i.V.m. § 116a SGB XII erst ab Januar 2010 zu gewähren. Ein Nachzahlungsanspruch bestehe gemäß § 44 SGB X i.V.m. § 116a SGB XII lediglich für einen Zeitraum von einem Jahr vor der (im November 2011) erfolgten Rücknahme der Leistungsbescheide; denn der Kläger habe gegen die bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheide keinen Widerspruch erhoben.

Mit seiner am 29.02.2012 bei dem Sozialgericht Köln erhobenen Klage h...

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