Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung. Terminsgebühr. Schriftlicher Vergleich. Übereinstimmende Erledigungserklärung. Prozesskostenhilfe. Beschwerde
Leitsatz (redaktionell)
Erklären die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit nach einer Einigung ohne Mitwirkung des Gerichts im schriftlichen Verfahren übereinstimmend für erledigt, so liegt kein „schriftlicher Vergleich” vor, der eine Terminsgebühr nach der Nr. 3106 VV RVG begründen könnte.
Normenkette
SGG § 101 Abs. 1; VV RVG Nr. 3104; VV RVG Nr. 3106; RVG § 14 Abs. 1, § 33 Abs. 3 S. 1, § 56 Abs. 2 S. 1
Tenor
Die Beschwerde des Erinnerungsführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.5.2016 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts.
Im vorangehenden Klageverfahren stritten die Beteiligten um Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Beschluss vom 8.9.2015 ordnete das Sozialgericht (SG) der Klägerin den Erinnerungsführer im Wege der Prozesskostenhilfe ab dem 28.4.2015 bei und wies ihm am 2.2.2016 antragsgemäß einen Kostenvorschuss in Höhe von EUR 380,80 an.
Mit Schreiben vom 3.2.2016 unterbreitete die Beklagte der Klägerin den folgenden Vergleichsvorschlag:
1. Die Beklagte gewährt der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit auf der Grundlage eines Leistungsfalles vom 08.05.2015 für die Zeit vom 01.12.2015 bis 30.11.2017.
2. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
3. Die Klägerin nimmt das Vergleichsangebot an
4. Der Rechtsstreit ist damit erledigt.
Diesen Vergleichsvorschlag nahm die Klägerin an und erklärte den Rechtsstreit gleichzeitig ausdrücklich für erledigt (Schreiben vom 19.2.2016).
Der Erinnerungsführer hat beantragt, seine Gebühren und Auslagen mit EUR 1.297,10 festzusetzen und ihm die restlichen EUR 916,30 (1.297,10-380,80) anzuweisen (Antrag vom 19.2.2016). Der Betrag von EUR 1.297,10 setzt sich zusammen aus einer Verfahrens- und einer (Einigungs- bzw.) Erledigungsgebühr in Höhe von jeweils EUR 400, einer (fiktiven) "Terminsgebühr" (sprachlich exakt: Termingebühr; im Folgenden verbleibt es bei der gesetzlichen Terminologie) in Höhe von EUR 270 und einer Auslagenpauschale von EUR 20, jeweils zuzüglich 19% Umsatzsteuer. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat als Kostenbeamter die Terminsgebühr nicht berücksichtigt und nach entsprechender Reduzierung der Umsatzsteuer die aus der Staatskasse zu zahlenden (restlichen) Gebühren auf EUR 595 festgesetzt. Die Terminsgebühr entstehe nur, wenn das erkennende Gericht konstitutiv am Vergleichsabschluss mitwirke. Das sei bei der Annahme eines außergerichtlichen, allein vom Prozessgegner unterbreiteten Vergleichsvorschlages nicht der Fall (Festsetzungsbeschluss vom 29.2.2016; zugestellt am 1.4.2016). Zur Begründung seiner gegen diese Entscheidung am 14.4.2016 eingelegten Erinnerung, der der Kostenbeamte nicht abgeholfen hat (Entscheidung vom 21.4.2016), hat der Erinnerungsführer vorgetragen, für die Entstehung der Terminsgebühr bedürfe es keiner gerichtlichen Mitwirkung. Es genüge ein schriftlicher Vergleich. Dieser sei vorliegend zustande gekommen.
Das SG hat die Erinnerung aus den Gründen des Beschlusses vom 29.2.2016 zurückgewiesen. Bis zu einer anderweitigen Entscheidung folge es der darin in Bezug genommenen Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein Westfalen (LSG NRW), die einen im schriftlichen Verfahren ohne Mitwirkung des Gerichts geschlossenen Vergleich nicht ausreichen lasse (Beschluss vom 11.5.2016).
Dagegen hat der Erinnerungsführer (spätestens) am 24.5.2016 Beschwerde eingelegt. Für die Entstehung der Terminsgebühr genüge ein privatschriftlicher Vergleich.
Der Erinnerungsgegner hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und bezieht sich zur Begründung auf die Rechtsprechung des LSG NRW.
Das SG hat auf Nachfrage mitgeteilt, in der Übersendung der Beschwerdeschrift an das Beschwerdegericht liege zugleich eine Nichtabhilfeentscheidung, andernfalls wäre sie nicht übersandt worden (Schreiben vom 1.7.2016)
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
I. Die Beschwerde ist zulässig.
Die fristgerecht eingelegte (§ 33 Abs 3 Satz 3 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) Beschwerde ist statthaft, §§ 56 Abs 2 Satz 1, 33 Abs 3 Satz 1 RVG. Diese allgemein für das Kostenfestsetzungsverfahren des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts geltenden Spezialvorschriften gehen den Vorschriften des SGG vor, § 1 Abs 3 RVG.
Es kann dahinstehen, ob - wie das SG meint - in der Übersendung der Beschwerdeschrift eine (konkludente) Nichtabhilfeentscheidung liegt. Denn jedenfalls mit Schreiben vom 1.7.2016 hat das SG mit hinreichender Deutlichkeit explizit zum Ausdruck gebracht, dass es der Beschwerde nicht abhelfe. Eines förmlichen Beschlusses bedarf es dazu nicht.
Der Erinnerungsführer ist auch befugt, das Verfahren in eigenem Namen zu betreiben, §§ 56 Abs 2 Satz 1 iVm ...