Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende und Sozialhilfe. Leistungsausschluss für Ausländer ohne Aufenthaltsrecht. Arbeitnehmereigenschaft bei geringfügiger Beschäftigung. Verfassungsmäßigkeit der Leistungsausschlüsse
Orientierungssatz
1. Bei einem geringfügig Beschäftigten ist zu prüfen, ob die Tätigkeit aufgrund einer Gesamtbewertung trotz der geringen Arbeitszeit als tatsächlich und echt angesehen werden kann. Liegt kein schriftlicher Arbeitsvertrag vor und wurde lediglich eine monatliche Arbeitszeit von neun Stunden bei einem Stundenlohn von 8,50 € vereinbart, spricht dies gegen die Annahme einer Arbeitnehmereigenschaft.
2. Das Regelungskonzept der Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 Buchst a SGB 2 und § 23 Abs 3 S 1 Nr 2 Alt 1 SGB 12 für nicht am Arbeitsmarkt aktive EU-Bürger ist verfassungsgemäß. Eine grenzenlose Fassung des Personenkreises, der unter dem Schutz des Grundrechts auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums steht, ist nicht geboten.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.04.2017 wird bezogen auf den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Den Antragstellern wird zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt L aus N zu ihrer Vertretung beigeordnet.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die am 00.00.1982 geborene Antragstellerin zu 1) und der am 00.00.1964 geborene Antragsteller zu 2) sind miteinander verheiratet. Die in den Jahren 2001, 2002 und 2006 geborenen Antragsteller zu 3) bis 5) sind die Kinder der Antragstellerin zu 1). Zwischenzeitlich hat die Antragstellerin zu 1) ein weiteres Kind geboren, dessen Vater der Antragsteller zu 2) ist. Die Antragsteller zu 1), 3), 4) und 5) sind spanische Staatsangehörige, der Antragsteller zu 2) ist Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik.
Die Antragsteller sind im Juli 2016 aus Spanien in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Der Antragsteller zu 2) war von Juli 2016 bis November 2016 bei einer Möbelspedition beschäftigt. Ausweislich einer vom Antragsgegner eingeholten Arbeitgeberauskunft wurde das Arbeitsverhältnis gekündigt, weil der Antragsteller zu 2) nicht mehr zur Arbeit erschienen sei. Er habe einem Kollegen gegenüber geäußert, dass er die Arbeit nicht weiter ausüben wolle. Die Antragstellerin zu 1) ist seit September 2016 geringfügig beschäftigt in einem mexikanischen Restaurant namens "M" in N. Laut schriftlicher Bescheinigung des Arbeitgebers arbeitet die Klägerin neun Stunden monatlich bei einem Stundenlohn von 8,50 EUR. Die Antragsteller zu 3) bis 5) besuchen allgemeinbildende Schulen. Die Antragstellerin zu 1) bezieht für die Antragsteller zu 3) bis 5) Kindergeld i.H.v. 805 EUR monatlich. Sie bewohnen eine Wohnung in N, für die eine Kaltmiete i.H.v. 350 EUR, Nebenkosten i.H.v. 160 EUR und Heizkosten i.H.v. 170 EUR monatlich zu zahlen sind.
Am 14.10.2016 beantragten die Antragsteller Leistungen nach dem SGB II. Im Rahmen der Antragstellung gab die Antragstellerin zu 1) an, dass sie keiner Tätigkeit nachgehe, da sie nicht deutsch sprechen könne. Sie sei im zweiten Monat schwanger. Die Ersparnisse von 1000 EUR hätten sie für die ersten Tage zur Überbrückung aufgebraucht. Sie besäßen kein Vermögen, keine Ersparnisse, keine Immobilien, keinen PKW oder Wertpapiere. Mit dem Gehalt des Antragstellers zu 2) allein könnten sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten.
Mit Bescheid vom 13.03.2017 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II ab. Am 24.03.2017 legten die Antragsteller dagegen Widerspruch ein.
Ebenfalls am 24.03.2017 haben die Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Düsseldorf (SG) gestellt. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die wirtschaftliche Existenz der Bedarfsgemeinschaft gefährdet sei, seit drei Monaten sei keine Miete bezahlt worden. Inzwischen wüssten die Antragsteller nicht mehr, wie sie ihre Kinder ernähren sollten.
Der Antragsgegner hat dem entgegengehalten, dass die Antragsteller von den Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II ausgeschlossen seien. Die Antragstellerin zu 2) sei keine Arbeitnehmerin. Sie arbeite lediglich neun Stunden monatlich und erhalte dafür ein Lohn von 76,50 EUR. Damit liege kein Beschäftigungsverhältnis vor, welches eine Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt und damit einen Arbeitnehmerstatus auslöse. Eine Aufstockung der Beschäftigung sei aufgrund der Schwangerschaft und dem Entbindungstermin zum 30.04.2017 nicht zu erwarten.
Mit Verfügung vom 24.03.2017 hat das SG einen Nachweis über das Vorliegen von Mietrückständen, Kontoauszüge der letzten drei Monate und einen Nachweis über die Schwangerschaft der Antragstellerin zu 1) angefordert.
Mit Beschluss vom 11.04.2017 hat...