Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine gegen einen Darlehensrückforderungsbescheid gerichtete Anfechtungsklage
Orientierungssatz
1. Die Bewilligung von PKH setzt u. a. eine hinreichende Erfolgsaussicht in der Sache voraus, vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2011 - B 5 R 14/10 R.
2. Die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens verlangt u. a. nach § 3 Abs. 2 VwVG die Existenz eines Leistungsbescheides und die Fälligkeit der Forderung. Der Bescheid muss den Betrag der erbrachten Leistung und die zurückzuzahlende Summe enthalten. Er darf keinerlei Zweifel daran aufkommen lassen, in welcher Höhe und zu welchem Fälligkeitszeitpunkt der geforderte Betrag zu entrichten ist.
3. Verlangt der Grundsicherungsträger in einem an den Leistungsempfänger adressierten Schreiben die Rückführung eines gewährten Darlehens, so handelt es sich um einen Leistungsbescheid.
4. Ergibt sich aus den Unterlagen des Grundsicherungsträgers ein insgesamt geringerer Betrag zur Höhe der geltend gemachten Darlehensforderung, bleibt danach zweifelhaft, ob die vom Träger bewilligten Leistungen nach dem SGB 2 zu Recht nur als Darlehen bewilligt worden sind und ob schließlich die Fälligkeit des Darlehensrückgewährsanspruchs zutreffend festgesetzt worden ist, so ist zur Durchführung der gegen den Darlehensrückgewährsbescheid gerichteten Anfechtungsklage bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen PKH zu gewähren.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin zu 1) wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.07.2012 geändert. Der Klägerin zu 1) wird für das erstinstanzliche Verfahren ab dem 16.03.2012 ohne Kostenbeteiligung Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin B, L, beigeordnet. Die Beschwerde des Klägers zu 2) wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 00.00.1983 geborene Klägerin zu 1) bezog zusammen mit ihren beiden minderjährigen Kindern, dem Kläger zu 2) und ihrem Sohn G, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bis zum 30.08.2007. Am 01.09.2007 begann die Klägerin zu 1) eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Die Ausbildung endete zum 22.06.2010. Während der Ausbildung bezog die Klägerin zu 1) Ausbildungsvergütung, Kindergeld und Berufsausbildungsbeihilfe.
Durch bestandskräftigen Bescheid vom 02.10.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) Leistungen nach § 7 Abs. 5 SGB II in der Fassung bis zum 31.12.2010 (a. F.) in Höhe von 597,54 Euro mtl. für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.08.2008 als Darlehen. In dem Bescheid wird ausgeführt, dass die Leistungen an die Klägerin zu 1) als Darlehen bewilligt werden. Die Leistungen der Kinder liefen weiterhin als Zuschuss. Hierzu erhalte die Klägerin zu 1) einen gesonderten Bescheid. Durch Bescheid vom 24.06.2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) Leistungen nach § 7 Abs. 5 SGB II a. F. für die Zeit vom 22.06. bis 30.08.2009 in Höhe von 195,00 Euro mtl. als Darlehen. In dem Bescheid wird ausgeführt, dass die Leistungen an die Klägerin zu 1) als Darlehen bewilligt werden. Die Leistungen der Kinder liefen weiterhin als Zuschuss. Hierzu erhalte die Klägerin zu 1) einen gesonderten Bescheid. Mit Bescheid vom 29.06.2009 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an die Klägerin zu 1) mit Wirkung zum 01.08.2009 auf. In der Zeit vom 01.08.2010 bis 30.09.2011 bezog die Klägerin zu 1) zusammen mit ihren beiden minderjährigen Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Zum 01.01.2011 nahm sie eine Erwerbstätigkeit auf.
Mit Schreiben vom 20.01.2010 teilte der Beklagte der Klägerin zu 1) mit, dass sich nach Bearbeitung ihres Darlehnsfalles für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.07.2009 ein Darlehensbetrag in Höhe von 10.756,46 Euro ergeben habe, den er zum Soll gestellt habe. Die Klägerin zu 1) solle nach Zahlungsaufforderung der Regionaldirektion direkt mit der Regionaldirektion eine Ratenhöhe vereinbaren. Unter dem 20.01.2010 forderte die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen die Klägerin zu 1) zur Zahlung einer Forderung betreffend Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 4010,16 Euro und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 6746,30 Euro auf, die Darlehensforderung sei zum 06.02.2010 fällig.
Mit Schreiben vom 01.02.2010 legt die Klägerin zu 1) gegen das Schreiben vom 20.01.2010 Widerspruch ein. Sie bat den Beklagten um eine detaillierte Darlegung der Rückzahlungsbeträge. Mit Schreiben vom 19.02.2010 übersandte der Beklagte die Auflistungen, aus der sich der Rückforderungsbetrag zusammensetze. Daraufhin gab die Klägerin zu 1) an, dass ihr nicht bewusst gewesen sei, dass die bezogenen Leistungen ihr als Darlehen gewährt worden seien. Durch Widerspruchsbescheid vom 17.10.2011 verwarf der Beklagte den Widerspruch gegen das Schreiben vom 20.01.2010 als unzulässig. Bei dem Schreiben vom 20.01.2010 handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (...