Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollstreckung einer auf Bewilligung von Grundsicherungsleistungen gerichteten einstweiligen Anordnung

 

Orientierungssatz

1. Für die einstweilige Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 2 SGG im Eilverfahren bedarf es der Glaubhaftmachung weiterer schwerwiegender über die mit der Zwangsvollstreckung verbundener Nachteile, die nicht anders abwendbar sind als in dem schmalen Zeitfenster bis zur Entscheidung über die eingelegte Beschwerde. Darin sind bis zur endgültigen Entscheidung durch die Aussetzung nach § 199 Abs. 2 SGG kaum zusätzliche Nachteile vermeidbar und insbesondere nicht anders abwendbar, die bei bewilligten Grundsicherungsleistungen über die Gefahr des Ausfalls der Rückforderung hinausgehen, vgl. BSG, Beschluss vom 05. September 2001 - B 3 KR 47/01 R.

2. Auf Seiten des Grundsicherungsträgers ist nur zu berücksichtigen, dass er bei Nichtaussetzung der Zwangsvollstreckung eine etwaige Rückforderung der erbrachten Leistungen nicht realisieren kann. Demgegenüber handelt es sich bei den dem Leistungsempfänger bewilligten Leistungen um existenzsichernde Leistungen. Dies hat regelmäßig zur Folge, dass der auf einstweilige Aussetzung der Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung zur Bewilligung von Grundsicherungsleistungen gerichtete Antrag zurückzuweisen ist.

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers, die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.04.2013 einstweilen auszusetzen, wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners.

 

Gründe

Die Entscheidung beruht auf § 199 Abs. 2 SGG. Danach kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen, wenn das Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat.

Der Aussetzungsantrag ist zulässig. Der vom Antragsteller mit der Beschwerde angefochtene Beschluss des Sozialgerichts vom 29.04.2013 ist ein vollstreckbarer Titel (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Mit ihm wurde der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsgegnern ab dem 28.03.2013 bis zum Abschluss des Klageverfahrens, längstens bis zum 30.09.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 364,00 EUR monatlich vorläufig zu gewähren. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (s § 175 Satz 1 und 2 SGG).

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Anordnung nach § 199 Abs. 2 SGG, die Vollstreckung einstweilen auszusetzen, ist eine Ermessensentscheidung (s BSG SozR 4-1500 § 154 Nr. 1; LSG BW Beschl v 26.01.2006 L 8 AS 403/06 ER; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG 10. Aufl § 199 Rn 8 mwN; aA BSG SozR 3-1500 § 199 Nr 1). Sie erfordert regelmäßig eine Abwägung des Interesses des Gläubigers an der Vollziehung mit dem Interesse des Schuldners, nicht vor der Beendigung des Instanzenzuges zu leisten (s Leitherer aa0 mwN). Bei der Bewertung der Umstände des Einzelfalls können auch die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels von Bedeutung sein (s BSG SozR 4 aa0). Für die einstweilige Aussetzung der Vollstreckung bedarf es aber regelmäßig besonderer rechtfertigender Umstände, die über die Nachteile hinausgehen, die für den Antragsteller mit der Zwangsvollstreckung aus einem noch nicht rechtskräftigen Titel als solcher regelmäßig verbunden sind. Dies folgt aus der Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Rechtsmittel Berufung und Beschwerde schon grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung haben (§ 154 Abs. 1 iVm § 86 a; § 154 Abs. 2 SGG (Berufung); § 175 Satz 1 und 2 SGG (Beschwerde); vgl hierzu auch BSG Beschl v 05.09.2001 B 3 KR 47/01 R) und - bezogen auf die hier eingelegte Beschwerde - keiner der in § 175 Satz 1 und 2 SGG aufgeführten Tatbestände gegeben ist, der ausnahmsweise die aufschiebende Wirkung nach sich zieht. Hinzu kommt, dass der Antragsteller in einem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ebenfalls eine nur vorläufige Regelung über die Aussetzung der Vollstreckung bis zur Beendigung des Instanzenzuges erstrebt. Ist aber schon das in der Hauptsache geführte Eilverfahren im Sinne eines nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 4 SGG effizienten Rechtsschutzes darauf gerichtet, schwere und unzumutbare Beeinträchtigungen, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden können, abzuwenden (s etwa BVerfG Beschl v 10.10.2003 1 BvR 2025/03; BVerfG aaO), so bedarf es für eine vorläufige Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 2 SGG im Eilverfahren der Glaubhaftmachung weiterer derart schwerwiegender Nachteile, die nicht anders abwendbar sind als in dem schmalen Zeitfenster bis zur Entscheidung über die Beschwerde (zur Glaubhaftmachung s Bayer LSG Beschl v 08.02.2006 L 10 AS 17/06 ER; LSG BW Beschl v 24.06.2008 L 7 AS 2955/08 ER). Damit verengt sich der Anwendungsbereich des § 199 Abs. 2 SGG auch und gerade in Eilverfahren auf Fallgestaltungen, in denen die V...

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