Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts als Voraussetzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe

 

Orientierungssatz

1. Die Erforderlichkeit der Gewährung von Prozesskostenhilfe beurteilt sich nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie nach der Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Entscheidend ist, ob ein Bemittelter einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde.

2. Wurde dem Antragsteller in einem von ihm geführten Parallelverfahren ein Rechtsanwalt beigeordnet, so kann er die im Parallelverfahren aufgrund anwaltlicher Beratung gewonnenen Erkenntnisse ohne Schwierigkeiten auf das anhängige Verfahren übertragen. In einem solchen Fall ist PKH für das weitere Verfahren nicht zu bewilligen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 23.08.2012 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren, in dem der Kläger vom Beklagten höhere Regelleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für Mai 2011 begehrt.

Der 1952 geborene Kläger steht bei dem Beklagten im Bezug von laufenden Leistungen nach dem SGB II. Er führt gegen den Beklagten u.a. mehrere Klageverfahren für unterschiedliche Leistungszeiträume, in denen er jeweils die Verfassungswidrigkeit der Regelsätze nach dem SGB II rügt. Im Streitverfahren S 31 AS 1774/12 hat ihm das Sozialgericht (SG) Dortmund mit Beschluss vom 12.06.2012 Prozesskostenhilfe bewilligt.

Im hier vorliegenden Verfahren hat das SG den PKH-Antrag mit Beschluss vom 23.08.2012 abgelehnt. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt im vorliegenden Verfahren erscheine nicht erforderlich. Der Kläger werde bereits durch die im Verfahren S 31 AS 1774/12 bewilligte Prozesskostenhilfe in die Lage versetzt, seine Rechte auch im vorliegenden Verfahren, in dem es um einen vergleichbaren Streitgegenstand gehe, hinreichend zu vertreten.

Gegen den ihm am 03.09.2012 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 01.10.2012 Beschwerde eingelegt und sich insbesondere auf sein bisheriges Vorbringen bezogen. Die Klage habe hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dies folge auch aus den Vorlagebeschlüssen des Sozialgerichts Berlin an das Bundesverfassungsgericht sowie daraus, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts selbst bei Bagatellbeträgen wie Mahngebühren geboten und erforderlich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten des Beklagten und der Akten des Verfahrens S 31 AS 1774/12 verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Zu Recht hat es das Sozialgericht abgelehnt, dem Kläger Prozesskostenhilfe für das vorliegende Klageverfahren zu bewilligen.

Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73a Abs.1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig sowie die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§§ 73a, 121 Abs. 2 ZPO).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die Beiordnung des Rechtsanwalts des Klägers nicht erforderlich im Sinn von §§ 73a SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO ist. Die Erforderlichkeit im Sinne des § 121 Abs. 2 ZPO beurteilt sich nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie nach der Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Entscheidend ist, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte.

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist dem Kläger für das vorliegende Verfahren ein Rechtsanwalt bereits deshalb nicht beizuordnen, weil eine entsprechende Beiordnung in dem vom Kläger geführten Parallelverfahren S 31 AS 1774/12, das einen vergleichbaren Streitgegenstand betrifft, erfolgt ist (vgl. auch Beschluss des erkennenden Senats vom 07.03.2013 - L 2 AS 346/13 B; LSG NRW Beschluss vom 26.10.2012 -L 12 AS 1689/12 B; Beschluss vom 10.05.2012 - L 7 AS 1769/11 B). Der Kläger kann die im Parallelverfahren aufgrund anwaltlicher Beratung gewonnenen Erkenntnisse ohne Schwierigkeiten auf das hier anhängige Verfahren übertragen. Ergänzend weist der Senat auf seine Entscheidung vom 22.02.2013 (L 2 AS 2302/12 B) hin, wonach die Bewilligung von Prozesskostenhilfe regelmäßig sogar schon für das von einem Kläger geführte "erste" Verfahren, mit der die Verfassungswidrigkeit der Regelsätze gerügt wird, nicht in Betracht kommt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3681965

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