Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsstreit zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Wahltarife nach § 53 Abs 4 SGB 5
Orientierungssatz
§ 69 SGB 5 trifft eine Wertungsentscheidung, die generell die Anwendung der Vorschriften des UWG und GWB auf das Leistungsrecht des SGB 5 ausschließt, und zwar auch dann, wenn durch die aufgrund gesetzlicher Vorschriften des SGB 5 angebotenen Leistungen an Versicherte Dritte betroffen sind.
Tatbestand
Der Antragsteller wendet sich gegen das Angebot von Wahltarifen nach Maßgabe der §§ 26 - 29 der Satzung der Antragsgegnerin an deren Versicherte.
Der Antragsteller ist eine Vereinigung von privaten Krankenversicherungsunternehmen. Die Antragsgegnerin bietet ihren Mitgliedern nach Maßgabe der §§ 26 - 29 ihrer Satzung Wahltarife an, die die Kostenerstattung für Leistungen im Ausland (§ 26), Kostenerstattung der Krankenhauszuzahlungen (§ 27) Kostenerstattung des Ein- und Zwei-Bett-Zimmers im Krankenhaus (§ 28) sowie Kostenerstattung des Zahnersatzes (§ 29) beinhalten. Die Antragsgegnerin bietet den Wahltarif Ausland ihren Versicherten für eine Jahresprämie von 6 Euro (bis Vollendung des 65. Lebensjahres) bzw. 12 Euro jährlich (nach Vollendung des 65. Lebensjahres) an. Der Wahltarif Krankenhauszuzahlungen kostet gestaffelt nach Altersgruppen zwischen 0,90 Euro und 9,50 Euro monatlich. Für den Wahltarif Ein- und Zwei-Bett-Zimmer im Krankenhaus verlangt die Antragsgegnerin gestaffelt nach Altersklassen und je nach Wahl von Ein-Bett oder Zwei-Bett-Zimmer zwischen 4,70 Euro und 85,20 Euro monatlich. Der Wahltarif Zahnersatz ist ebenfalls nach Altersklassen gestaffelt und sieht eine monatliche Prämie zwischen 2,10 Euro und 19,10 Euro vor.
Das Landesversicherungsamt Nordrhein-Westfalen genehmigte die Satzung durch Bescheid vom 20.03.2007.
Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, dass das Angebot der Wahltarife durch die Antragsgegnerin gegen § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit (i.V.m.) § 194 Abs. 1 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie § 30 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) verstoße. Er sei deshalb als Verband befugt, diese Rechtsverletzung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG gerichtlich geltend zu machen. Es handele sich bei dem Angebot der Wahltarife um Zusatzversicherungen, die üblicherweise von privaten Krankenversicherungsunternehmen angeboten würden. § 194 Abs. 1 a SGB V gestatte es den gesetzlichen Krankenkassen nur, derartige Verträge mit Hilfe privater Versicherungsunternehmen an ihre Versicherten zu vermitteln, nicht aber, diese selbst anzubieten. Die privaten Krankenversicherungsunternehmen hätten im Jahr 2006 mit dem Geschäftsbereich der Zusatzversicherungen (als Ergänzung zum Krankenversicherungsschutz der gesetzlichen Krankenversicherung) ein Umsatzvolumen von 3,5 Milliarden Euro erzielt.
Der Antragsteller hat beantragt,
1.die Antragsgegnerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Versicherungsleistungen in Form von Kostenerstattungstarifen für Zusatzleistungen anzubieten und/oder anbieten zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, welche als Zusatzversicherung außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenkassen liegen, wie dies in den §§ 26 bis 29 der Satzung der Antragsgegnerin vom 01.04.2007 mit den Angeboten Tarif für die Kostenerstattung für Leistungen im Ausland (§ 26), Tarif für die Kostenerstattung Krankenhauszuzahlung (§ 27), Tarif für die Kostenerstattung bei Wahlleistung Ein- oder Zwei-Bett-Zimmer im Krankenhaus (§ 28) und/oder Tarif für die Kostenerstattung bei Zahnersatz (§ 29) vorgesehen ist,
2. die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
1. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen,
2. hilfsweise, die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von einer angemessenen Sicherheitsleistung durch den Antragsteller abhängig zu machen.
Sie hat entgegnet: Ein Anordnungsanspruch stehe dem Antragsgegner nicht zu. § 4 Nr. 11 UWG sei schon deshalb nicht erfüllt, weil das Landesversicherungsamt die Satzung genehmigt und damit das Anbieten der Wahltarife erlaubt habe. Das entspreche auch der Rechtslage, denn § 53 Abs. 4 SGB V räume den gesetzlichen Krankenkasse gerade die Möglichkeit des Anbietens von Wahltarifen ein. Ebenso wenig liege ein Verstoß gegen § 194 Abs. 1 a SGB V vor. Es gehe nicht um den Vertrieb von Zusatzversicherungen im Sinne dieser Vorschrift wie der Antragsteller fälschlich meine, sondern vielmehr lediglich um das Angebot von Wahltarifen an ihre Versicherten. Ein Verstoß gegen das europäische Kartellrecht liegt nicht vor, denn sie sei kein Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften. Im Übrigen fehle es auch am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Der Antra...