Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.03.2023 geändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.03.2023 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Hälfte der Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

Gründe

I.

Antragsteller und Antragsgegner wenden sich mit ihrer Beschwerde jeweils gegen einen Beschluss, mit dem das Sozialgericht Düsseldorf den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Regelbedarf an den Antragsteller für die Zeit vom 27.02.2023 bis zum 30.06.2023 verpflichtet hat. Der Antragsgegner begehrt eine Änderung dieses Beschlusses und die Ablehnung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz. Das Begehren des Antragstellers ist auf die weitergehende Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung gerichtet.

Der 1967 geborene Antragsteller übt seit 2004 eine selbstständige Tätigkeit als Betreiber eines Chauffeur-Service aus. Seit 2015 bezog er vom Antragsgegner ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Zuletzt bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 15.11.2022 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.12.2022 vorläufig Leistungen nach dem SGB II i.H.v. monatlich (502,00 EUR Regelleistung + 453,00 EUR Grundmiete + 75,00 EUR Heizkosten + 75,00 EUR Nebenkosten =) 1.105,00 EUR für den Zeitraum vom 01.01.2023 bis zum 31.05.2023. Am 31.01.2023 zahlte der Antragsgegner dem Antragsteller die Leistungen für Februar 2023 aus.

Der Antragsgegner ermittelte im Februar 2023 bei einer Internetrecherche ein LinkedIn-Profil des Antragstellers, ausweislich dessen dieser seit 2008 auch als Immobilienvermittler mit der Firma "Y." selbstständig tätig ist. Mit interner Verfügung vom 13.02.2023 ordnete der Antragsgegner eine vorläufige Einstellung der Zahlung der Leistungen an den Antragsteller an und teilte dies dem Antragsteller mit Schreiben vom selben Tag mit. Die Einstellung beruhe auf § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 331 SGB III. Der Antragsteller habe eine Erwerbstätigkeit aufgenommen und könne seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen sichern. Der Antragsteller legte mit Email vom 22.02.2023 "Einspruch" gegen die Zahlungseinstellung ein. Weder habe er eine Erwerbstätigkeit aufgenommen noch sei er Immobilienmakler.

Am 27.02.2023 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Düsseldorf beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe seit dem 01.02.2023 zu verpflichten. Er sei nicht in der Immobilienbranche tätig und auch nicht anderweitig in Festanstellung. Die von dem Antragsgegner aufgefundene Homepage sei zwar seine, er habe das dort genannte Unternehmen jedoch bereits 2009 aufgegeben. Eilbedürftigkeit sei gegeben, weil sein zur Existenzsicherung notwendiger Bedarf nicht mehr gedeckt sei. Es bestünden bereits Mietrückstände. Unterstützung bekomme er "in schlechten Zeiten" von seinen Eltern.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzulehnen. Der Antragsteller habe nie angegeben, für die Firma "Y." tätig zu sein. Es seien zudem weitere Konten bekannt geworden, die bislang vom Antragsteller verschwiegen worden seien.

Mit Beschluss vom 28.03.2023 hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 27.02.2023 bis zum 30.06.2023, längstens jedoch bis zu Entscheidung in der Hauptsache, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt des Regelbedarfs nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Im Übrigen hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Der Antragsteller habe glaubhaft dargelegt, hilfebedürftig zu sein. Dies ergebe sich unter anderem aus dem Kontostand von nur 6,20 EUR am 08.03.2023. Einen Anordnungsgrund im Hinblick auf die Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung habe der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsgegner hat am 06.04.2023 Beschwerde gegen den ihm am 28.03.2023 zugegangenen Beschluss des Sozialgerichts eingelegt und darüber hinaus beantragt, die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung auszusetzen. Ein Anordnungsanspruch für Juni 2023 scheide bereits deshalb aus, weil dem Antragsteller Leistungen nur bis zum 31.05.2023 bewilligt worden seien und für den Folgezeitraum kein Weiterbewilligungsantrag existiere. Im Übrigen bestehe kein Anordnungsgrund, weil der Antragsteller angegeben habe, durch seine Eltern unterstützt zu werden. Der Antragsteller versuche systematisch Leistungen zu Unrecht zu erwirken und seinem Vortrag fehle jegliche Glaubwürdigkeit.

Mit Bescheid vom 14.04.2023 hat der Antragsgegner den Bewilligungsbescheid vom 15.11.2022 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.12.2022 ab dem 01.03.2023 ganz zurückgenommen. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestehe nicht, weil der Antragst...

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