Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Gutachtenerstellung. Bemessung des erforderlichen Zeitaufwandes. objektiver Maßstab. Einteilung in Arbeitsschritte. Gewährleistung eines objektiven Maßstabs bei der Bestimmung des Zeitaufwandes für die Erstellung eines Gutachten ist auf vier vergütungspflichtige Arbeitsschritte abzustellen
Orientierungssatz
Zur Gewährleistung eines objektiven Maßstabs bei der Bestimmung des Zeitaufwandes für die Erstellung eines Gutachten ist auf vier vergütungspflichtige Arbeitsschritte abzustellen:
1. Zeitaufwand für Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten,
2. Zeitaufwand für Untersuchung und Anamnese,
3. Zeitaufwand für die Abfassung der Beurteilung,
4. Zeitaufwand für Diktate und Durchsicht (vgl LSG Essen vom 25.2.2005 - L 4 B 7/04 = MedR 2005, 732 ).
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19.08.2021 geändert. Die Vergütung der Antragstellerin für ihr unter dem 14.06.2021 erstattetes medizinisches Sachverständigengutachten wird auf 6.921,74 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Dieser Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtlichen Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die in Anbetracht der begehrten Heraufsetzung der Vergütung um 1.786,07 Euro auf die in der noch innerhalb der Frist des § 2 Abs. 1 JVEG eingereichten korrigierten Rechnung geltend gemachten 7.575,51 Euro nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat und über die der Senat mangels besonderer Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art oder grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache durch den Vorsitzenden und Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet (§ 4 Abs. 7 Satz 1 und 2 JVEG), ist teilweise begründet. Das Sozialgericht hat die der Antragstellerin für die Erstattung ihres unter dem 14.06.2021 verfassten medizinischen Sachverständigengutachtens zustehende Vergütung zu Unrecht auf lediglich 5.789,44 Euro festgesetzt. Der Sachverständigen steht zwar nicht die beantragte, aber eine höhere Vergütung von 6.921,74 Euro zu.
1. Für die gemäß §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 JVEG nach Zeitaufwand zu bemessende Vergütung sind 5.700,- Euro anzusetzen. Der Ansatz der Honorargruppe M3 im Sinne der Anlage 1 zum JVEG in der hier gem. § 24 Satz 1 JVEG wegen der noch im Jahre 2020 erfolgten Beauftragung anwendbaren, bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung (100,- Euro pro Stunde) ist dabei zwischen den Beteiligten unstreitig und auch in der Sache nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist aber ein Zeitaufwand von 57 Stunden als erforderlich anzusehen.
Nach §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 JVEG richtet sich die Vergütung des Sachverständigen nach der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Zeit. Wie viel Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen. Erforderlich ist derjenige Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt, um sich nach sorgfältigem Studium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehender Überlegung seine gutachtlichen Darlegungen zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Dabei ist der Umfang des unterbreiteten Sachstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Beweisfragen unter Berücksichtigung seiner Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet und die Bedeutung der Sache angemessen zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des zuständigen Senats, statt vieler Beschluss vom 20.02.2015 - L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 28 m.w.N.).
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowie des zuvor für Vergütungsansprüche von Sachverständigen zuständigen 4. Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen gliedert sich die Erstellung eines Gutachtens zur Gewährleistung eines objektiven Maßstabs hinsichtlich des erforderlichen Zeitaufwandes in vier vergütungspflichtige Arbeitsschritte (vgl. z.B. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 25.02.2005 - L 4 B 7/04 -, juris Rn. 22 ff. m.w.N.):
1. Zeitaufwand für Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten,
2. Zeitaufwand für Untersuchung und Anamnese,
3. Zeitaufwand für Abfassung der Beurteilung,
4. Zeitaufwand für Diktate und Durchsicht.
Ausgehend von dieser eine gleichmäßige Rechtsanwendung gewährleistenden und im Hinblick auf die Anforderungen an ein sozialmedizinisches Sachverständigengutachten (vgl. hierzu z.B. Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschl. v. 22.04.2008 - L 1 B 89/08 SK -, juris Rn. 4; Giesbert, in jurisPK-SGG, § 128 Rn. 55) sachgerechten Strukturierung lässt sich zwar ein Zeitaufwand von 62,5 Stunden, wie von der Antragstellerin geltend gemacht, nicht begründen. Der vom Sozialgericht...