Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. stationäre Krankenhausbehandlung. erforderlicher Antrag. keine vorherige Prüfung der Behandlungsnotwendigkeit durch die Krankenkasse. Verneinung der Notwendigkeit durch das Krankenhaus
Orientierungssatz
1. Begibt sich der Versicherte unter Vorlage seiner Versichertenkarte mit vertragsärztlicher Verordnung in die Behandlung eines zugelassenen Krankenhauses, so ist dies ausreichend für den erforderlichen Antrag nach § 19 S 1 SGB 4. Die Verordnung selbst muss nicht von der Krankenkasse vorab geprüft und genehmigt werden. Die Prüfung der Behandlungsnotwendigkeit und Kostenübernahme erfolgt zwischen zugelassenem Krankenhaus und Krankenkasse.
2. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Krankenhaus die Notwendigkeit einer Operation zur Behandlung einer Krankheit geprüft und gegenüber dem Versicherten verneint oder in Frage gestellt und deshalb auf den Abschluss des Behandlungsvertrages bestanden hat.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 05.09.2017 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L bewilligt.
Gründe
Die Klägerin wurde aufgrund vertragsärztlicher Verordnung vom 24.11.2014 wegen einer endokrinen Orbitopathie stationär vom 30.11.2014 bis 02.12.2014 im Universitätsklinikum F versorgt (Durchführung einer Oberlidfettresektion in Kombination mit einer Blepharoplastik). Die Beklagte, bei der die Klägerin gesetzlich krankenversichert ist, lehnte gegenüber dem Universitätsklinikum die Übernahme der Behandlungskosten i.H.v. 2579,64 EUR ab, weil es sich um eine kosmetische Operation gehandelt habe. Letztere nahm daraufhin die Klägerin unter anderem auf Zahlung dieser Behandlungskosten in Anspruch. Mit rechtskräftigem Urteil vom 20.09.2017 verurteilte das Amtsgericht F die Klägerin unter anderem zur Zahlung dieses Betrages, weil sich die Klägerin durch den mit dem Universitätsklinikum F geschlossenen Behandlungsvertrag wirksam verpflichtet habe, alle durch die Behandlung nach den jeweils geltenden Tarifen entstandenen Kosten zu tragen, soweit sie nicht eine Krankenkasse oder ein anderer Kostenträger übernimmt.
Mit Bescheid vom 11.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2017 lehnte die Beklagte auch gegenüber der Klägerin die Kostenübernahme aufgrund mehrerer Stellungnahmen des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ab.
Für die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Dortmund mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 05.09.2017 Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Klägerin den so genannten Beschaffungsweg nicht eingehalten habe, indem sie der Beklagten vor Durchführung der Operation keine Gelegenheit zu einer Entscheidung gegeben habe.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin ist zulässig und begründet.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin ist nicht in der Lage, die Kosten des Verfahrens auch nur teilweise zu tragen. Ihre Klage hat auch hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Diese besteht, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung ausgeht (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a Rn. 7a m.w.N.). Da die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen soll, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen, darf Prozesskostenhilfe nur verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.05.2012 - 2 BvR 820/11 m.w.N.).
Es kann weder als hinreichend in Rechtsprechung und Literatur geklärt angesehen werden, inwieweit eine Kostenerstattung bzw. ein Kostenfreistellungsanspruch im Rahmen stationärer Versorgung von einer vorherigen Entscheidung der Krankenkasse abhängt, wenn Versicherte und Krankenhaus nach vertragsärztlicher Verordnung übereinstimmend von einer notwendigen Krankenhausbehandlung im Sinne der §§ 27, 39 SGB V zu Lasten der zuständigen Krankenkasse ausgegangen sind, noch lässt sich nach dem bisherigen Ermittlungen im Verwaltungsverfahren feststellen, ob ein Sachleistungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten bestanden hat.
Allerdings trifft die Auffassung des Sozialgerichts grundsätzlich zu, dass ein Kostenerstattungsan...