Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtswegzuständigkeit beim Streit um die Höhe der Kostenbeteiligung einer Gemeinde an den kommunalen Leistungen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende

 

Orientierungssatz

Gegen den Bescheid eines Landkreises über die Festsetzung der Kostenbeteiligung einer kreisangehörigen Gemeinde an den kommunalen Leistungen nach dem SGB 2 ist der Verwaltungsrechtsweg und nicht der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 18.10.2014 wird aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beschwerde zum Bundessozialgericht wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Im Streit ist im Rahmen eines Zwischenverfahrens die Zulässigkeit des von der Klägerin beschrittenen Rechtsweges zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.

Die Klägerin ist kreisangehörige Stadt des Beklagten, der zugelassener kommunaler Träger i.S.v. § 6a SGB II ist (§ 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 24.09.2004 - Kommunalträger-Zulassungsverordnung - BGBl I, 2349; zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 14.08.2013, BGBl I, 3229). Durch die Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Kreis T vom 20.12.2004 (Delegationssatzung SGB II -, zuletzt geändert durch Beschluss des Kreistages vom 03.11.2014) übertrug der Beklagte der Klägerin und anderen kreisangehörigen Gemeinden widerruflich die Durchführung von bestimmten ihm als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 6a SGB II obliegenden Aufgaben zur Entscheidung im eigenen Namen (§ 1 Delegationssatzung SGB II). Bestimmte Aufgaben nahm er von der Übertragung aus (§ 1 Abs. 2, 2 Delegationssatzung SGB II).

Am 10.12.2012 erließ der Beklagte eine Satzung zur Regelung der Beteiligung der Städte und Gemeinden an den kommunalen Kosten des SGB II (sog. Beteiligungssatzung SGB II), die die Satzung zur abweichenden Verteilung der kommunalen Kosten nach dem SGB II vom 18.12.2007 ersetzte. Nach § 1 der Beteiligungssatzung SGB II beteiligen sich die Gemeinden und Städte mit 50% an den kommunalen Kosten des SGB II entsprechend § 5 Abs. 5 S. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - AG SGB II NRW (GV NRW 821; zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2014, GV NRW 954). § 3 der Beteiligungssatzung SGB II legt die Kriterien eines Härteausgleichs i.S.v. § 5 Abs. 5 S. 3 AG SGB II NRW fest, § 4 regelt die Festsetzung der Kostenbeteiligung und die Zahlungsweise.

Durch Bescheid vom 20.02.2013 setzte der Beklagte die von der Klägerin voraussichtlich zu tragenden kommunalen Aufwendungen für das Jahr 2013 auf 1.434.000,00 EUR sowie eine monatliche Abschlagszahlung von 119.500,00 EUR fest. Durch weiteren Bescheid vom 22.02.2013 stellte der Beklagte fest, dass sich der Anteil der von der Klägerin zu tragenden Aufwendungen für kommunale Leistungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II für das Jahr 2012 auf insgesamt 1.482.531,36 EUR belaufe, und forderte die Erstattung von 155.991,25 EUR.

Gegen beide Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein, die der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2014 als unbegründet zurückwies. Dem Widerspruchsbescheid war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach Klage beim Sozialgericht Münster zu erheben sei.

Am 18.02.2014 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Münster Klage mit dem Begehren erhoben, die Bescheide vom 20.02.2013 und vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2014 aufzuheben, soweit ein Betrag von mehr als 1.105.144,68 EUR geltend gemacht wird. Sie hat sich gegen die Kostenbeteiligung an den kommunalen Aufwendungen des SGB II gewandt, soweit diese der Höhe nach ihre Beteiligung im Rahmen der Kreisumlage überschreite.

Die Klägerin hat überdies die Verweisung des Rechtsstreites an das Verwaltungsgericht Münster beantragt.

Sie hat die Auffassung vertreten, das Verfahren betreffe nicht das materiell-rechtliche Rechtsverhältnis zwischen Grundsicherungsträger und Leistungsberechtigten, sondern Gegenstand des Verfahrens seien ausschließlich Rechtsfragen der kommunalen Organisation und Refinanzierung. Kommunale Satzungen, die die Verteilung der Finanzierungsverantwortlichkeit regelten, würden nicht auf Grundlage eines Sozialgesetzbuches aufgestellt.

Der Beklagte hat beantragt,

den Verweisungsantrag zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass der in § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG verwandte Begriff "Angelegenheiten" sämtliche Streitigkeiten umfasse, die mit der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch Leistungsträger i.S.v. § 44b SGB II und § 6 SGB II zusammenhingen. Die Ermächtigungsnorm des § 5 AG SGB II NRW, die für den Erlass der Delegationssatzung SGB II wie auch der Beteiligungssatzung SGB II maßgebend sei, fände ihre Grundlage in § 6 ...

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