Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterhin ungeklärte Europarechtskonformität des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB 2 für arbeitsuchende Unionsbürger
Orientierungssatz
1. Bei der seit Jahren umstrittenen Frage nach der Rechtmäßigkeit des Leistungsausschlusses für Ausländer mit einem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB 2 handelt es sich um eine schwierige und offene Rechtsfrage.
2. Eine Entscheidung betreffend die Europarechtskonformität des Leistungsausschlusses für Unionsbürger mit materiellem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche hat der EuGH bislang nicht getroffen. Die Europarechtskonformität des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB 2 ist durch die Rechtsprechung des EuGH in dessen Urteil vom 11. 11. 2014 weiterhin ungeklärt.
3. Weil die Frage, ob der Leistungsausschluss für Ausländer, die sich ausschließlich zur Arbeitsuche im Inland aufhalten, rechtmäßig und anzuwenden ist, in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht möglich ist, ist weiterhin im Rahmen einer Folgenabwägung zu entscheiden. Diese fällt wegen des existenzsichernden Charakters der Grundsicherungsleistungen des SGB 2 regelmäßig zu Gunsten des Antragstellers aus.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 26.01.2015 geändert.
Den Antragstellern wird für das Verfahren S 22 AS 158/15 ER Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin T, L, beigeordnet.
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Die am 00.00.1975 geborene Antragstellerin zu 1) ist Tschechin und lebt seit Juni 2011 in der Bundesrepublik Deutschland. Sie erbrachte unregelmäßig Dienstleistungen im Privathaushalten und war im Oktober 2013 abhängig als Angestellte beschäftigt. Am 18.06.2014 wurde ihr Sohn, der Antragsteller zu 2) geboren. Die Antragsteller bewohnten bis August 2014 eine gemeinsame Unterkunft zusammen mit dem Vater des Antragstellers zu 2). Zum 01.08.2014 bezog die Antragstellerin zu 1) mit dem Antragsteller zu 2) eine ab dem 01.08.2014 angemietete neue Wohnung.
Die Antragstellerin zu 1) bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Zeit vom 01.11.2013 bis zum 30.04.2014. Durch Bescheid vom 10.04.2014 lehnte der Antragsgegner die Weiterbewilligung von Leistungen ab. Hiergegen legte die Antragstellerin zu 1) Widerspruch ein.
Im vorhergehenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 22 AS 4156/14 ER/L 7 AS 2162/14 B ER wurde der Antragsgegner zur einstweiligen Gewährung des Regelbedarfs ohne Kosten der Unterkunft und Heizung ab dem 29.10.2014 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens für die Dauer von sechs Monaten verpflichtet. Hierauf bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 18.12.2014 den Antragstellern vorläufig den Regelbedarf unter Anrechnung für den Antragsteller zu 2) bezogene Sozialleistungen bis einschließlich April 2015.
Nachdem die Antragstellerin zu 1) mit ihren Mietzahlungen im Rückstand geraten war, kündigte der Vermieter das Mietverhältnis. Er erhob am 03.12.2014 Räumungsklage und begehrte Ausgleich eines Mietrückstandes von über 2.000,00 EUR.
Am 15.01.2015 haben die Antragsteller beantragt, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu verpflichten, aufgelaufene Mietrückstände sowie die laufenden Kosten der Unterkunft zwecks Abwendung der Räumung zu übernehmen.
Mit Beschluss vom 26.01.2015 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Antragstellerin zu 1) sei weder Arbeitnehmerin noch Selbstständige im europarechtlichen Sinne und daher mangels ausreichender Finanzmittel nicht freizügigkeitsberechtigt. Ein Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1) könne sich alleine aus dem Zwecke der Arbeitssuche ergeben, weshalb sie und in der Folge auch der Antragsteller zu 2) von Leistungen sowohl nach dem SGB II wie auch nach dem SGB XII ausgeschlossen seien. Insbesondere die Rechtmäßigkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II sei durch das Urteil des EuGH vom 11.11.2014 C 333/13- Dano-, geklärt.
Gegen den am 28.01.2015 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsteller vom 02.02.2015 sowohl gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe als auch des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Es eile, das Amtsgericht Köln habe in der Räumungsklage eine Frist zum 03.02.2015 für die Abwendung der Räumung durch Zahlung bzw. Bereiterklärung zur Übernahme der Rückstände gesetzt.
Nachdem die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin zu 1) im Räumungsklageverfahren ein Anerkenntnis abgegeben hat, haben die Antragsteller ihre Beschwerde hinsichtlich der Ablehnung des Erlasses einer Regelungsanordnung für erledigt erklärt.
II.
Die zulässige Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ist begründet.
Die von den Antragsstel...