Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich einer durch den Rechtsanwalt in Kostensachen der Prozesskostenhilfe versäumten Beschwerdefrist
Orientierungssatz
1. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Gebührenrecht sind in den §§ 73a SGG, 56 Abs. 2 S. 1 und 33 Abs. 5 S. 1 und 2 RVG geregelt.
2. § 33 Abs. 5 S. 2 RVG bestimmt, dass fehlendes Verschulden vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Das fehlende Verschulden wird nicht fingiert, sondern nur vermutet. Diese Vermutung ist in jedem Fall widerlegt bei einem in Kostenangelegenheiten versierten Rechtsanwalt. Versäumt dieser die zweiwöchige Beschwerdefrist, so ist nicht eine etwaige fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung für die Fristversäumnis des Anwalts ursächlich, sondern dessen fehlerhafte Rechtsansicht zu den Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 02.05.2016 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Angefochten ist mit der Beschwerde nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) der Beschluss des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 02.05.2016. Darin hat das SG die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 14.10.2015 über die an den Beschwerdeführer zu zahlenden Gebühren und Auslagen iHv 238 Euro bei Ablehnung einer Einigungsgebühr bzw. Erinnerungsgebühr (Nr. 1005,1006 Vergütungsverzeichnis -W- RVG a.F.) bestätigt.
Das SG hatte im Verfahren S 55 AS 2769/13 durch Beschluss vom 06.08.2015 den Klägern zu 1) und 3) bis 5) ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und den Beschwerdeführer beigeordnet. Der Rechtsstreit wurde vor dem Hintergrund von laufenden Verrechnungen um die zutreffende Höhe der Auszahlung monatlicher Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geführt. Das Verfahren wurde von den Beteiligten in einem Erörterungstermin am 29.09.2015 durch Annahme des Teilanerkenntnisses des Beklagten, insgesamt 120 Euro an die Kläger zu zahlen, sowie Rücknahme der Klage im Übrigen erledigt.
Der Beschwerdeführer hat am 05.10.2015 folgende Gebühren und Auslagen zur Festsetzung beantragt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Einigungs-/Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR
Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 102,00 EUR
Auslagenpauschale 20,00 EUR
Ablichtungen 4,50 EUR
USt 130,44 EUR
816,94 EUR
abzüglich Kostenvorschuss 413,53 EUR
Zahlbetrag 403,41 EUR
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat durch Festsetzung vom 14.10.2015 weitere Gebühren und Auslagen iHv 238 Euro zuerkannt. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen. Die Erhöhungsgebühr sei allerdings mit 153,00 EUR (170,00 EUR x 0,9) statt lediglich 102,00 EUR (170,00 EUR x 0,6) anzusetzen.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 10.11.2015 Erinnerung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, wegen des anwaltlichen Einwirkens zur Annahme des Teil-Anerkenntnisses bei teilweisem Klageverzicht sei noch eine Erledigungsgebühr bzw. Einigungsgebühr festzusetzen. Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Das SG hat durch Beschluss vom 02.05.2016 die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch auf Festsetzung einer höheren PKH-Vergütung. Es sei mangels Vereinbarung keine Einigungsgebühr und im Übrigen auch keine Erledigungsgebühr festzusetzen. Für Letztere fehle es an der besonderen qualifizierten anwaltlichen Mitwirkung. Die schlichte Beratung von Mandanten u.a. über weitere Erfolgsaussichten des Verfahrens genüge dafür nicht. Das SG hat dem Beschluss vom 02.05.2016 eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach die Beschwerde binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses erhoben werden könne.
Der Beschluss ist dem Beschwerdeführer ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 10.05.2016 zugestellt worden. Er hat am 10.06.2016 Beschwerde eingelegt und sein Vorbringen wiederholt, ihm stehe angesichts der vereinbarten Nachzahlung von 120 Euro eine Vergleichs- bzw. Erledigungsgebühr zu. Das SG hat der Beschwerde unter Hinweis auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen.
Der Berichterstatter hat den Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 56 Abs.1, Abs. 2 iVm § 33 Abs. 3, Abs. 5, S. Lund S. 2 RVG darauf hingewiesen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des SG fehlerhaft sei, da die Beschwerdefrist zwei Wochen, nicht einen Monat, betrage, und angefragt, ob dies dort bekannt sei. Der Beschwerdeführer hat dazu am 07.04.2017 ausgeführt, es sei ihm nicht bekannt, inwieweit es dem SG Dortmund bekannt sei, dass seine Rechtsbehelfsbelehrung falsch sei. Soweit das Gericht auf die Frist des § 56 Abs. 2 RVG iVm § 33 Abs. 3 und Abs. 5 S. 1 und 2 RVG verweise, dürfte dies richtig sein. Soweit ihm bekannt sei, wäre bei falscher Rechtsbehelfsbelehrung Wiedereinsetzung in ...