Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligungsreife des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe

 

Orientierungssatz

1. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Erfolgsaussichten im PKH-Verfahren ist der derjenige der Bewilligungsreife des PKH-Gesuchs. Bewilligungsreif ist der Antrag, wenn die Klage begründet, der Gegner gehört und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit vollständigen Angaben und Nachweisen vorgelegt wurden.

2. Liegt bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens ein ordnungsgemäßer Antrag auf PKH gemäß § 117 ZPO nicht vor, so kommt eine rückwirkende Bewilligung nicht in Betracht. Hat der Kläger das Hauptsacheverfahren bereits vor der Vorlage sämtlicher erforderlicher Unterlagen für erledigt erklärt, so ist die Bewilligung von PKH ausgeschlossen.

3. Es obliegt dem Antragsteller, Sorge für die zeitnahe Vorlage, die Vollständigkeit und Aktualität der mit dem PKH-Antrag vorzulegenden Unterlagen zu tragen.

 

Normenkette

SGG § 73a Abs. 1; ZPO § 117

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.06.2015 wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers vom 16.07.2015 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.06.2015, zugestellt am 16.06.2015, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, ihm für das Klageverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2014 Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen. Das Beschwerdevorbringen des Klägers ist in keiner Weise geeignet, eine ihm günstigere Entscheidung herbeizuführen.

1. Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung - (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann gegeben, wenn - bei summarischer Prüfung - eine gewisse Möglichkeit des Obsiegens in der Hauptsache - auch im Sinne eines Teilerfolges - besteht (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. (2014), § 73a Rn. 7 ff., m.w.N.).

In Anwendung dieser Grundsätze kann der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht zugebilligt werden, weil zum Zeitpunkt der Entscheidungs- bzw. Bewilligungsreife des Antrages auf PKH eine Beschwer jedenfalls nicht mehr vorlag.

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Erfolgsaussichten im PKH-Verfahren ist der Zeitpunkt der Bewilligungsreife des PKH-Gesuchs (Reichling in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand 01.06.2015, § 119 Rn. 7). Bewilligungsreif ist der Antrag regelmäßig erst dann, wenn der Antrag/die Klage begründet, der Gegner gehört und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit vollständigen Angaben und Nachweisen, die eine Prüfung des Gerichts grundsätzlich ohne weitere Nachfragen ermöglichen, vorgelegt wurden (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 30.10.2013 - L 7 AS 1998/13 B -, juris; LSG NRW, Beschluss vom 29.05.2012 - L 12 BK 11/11 B -, Rn. 7, juris; LSG NRW, Beschluss vom 14.02.2012 - L 12 AS 41/12 B -, juris; LSG NRW, Beschluss vom 08.10.2008 - L 19 B 11/08 AL -, juris). Eine Prüfung ohne Nachfrage ist nur dann möglich, wenn die dem PKH-Antrag beigefügten Unterlagen vollständig und aktuell sind, da anderenfalls eine Beurteilung der wirtschaftlichen Voraussetzungen im Antragszeitpunkt nicht möglich ist. Ändert sich bis zur Nachreichung der Erklärung oder zugehöriger Unterlagen die Erfolgsaussicht, ist PKH zu versagen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 12.05.2014 - L 6 AS 393/14 B -, juris; Reichling, a.a.O., Rn. 7). Liegt bis zum Abschluss des Verfahrens ein ordnungsgemäßer Antrag auf PKH gemäß § 117 ZPO nicht vor, kommt eine rückwirkende Bewilligung, die ohnehin nur in Erwägung zu ziehen ist, wenn die Entscheidung durch das Gericht verzögert worden ist, nicht in Betracht (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 05.02.2008 - L 20 B 201/07 AS -, juris).

Die Klageerhebung und Beantragung von PKH datiert hier vom 17.07.2014. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde erst mit Schriftsatz vom 12.01.2015 (Eingang bei Gericht am 15.01.2015) vorgelegt. Die mit Schreiben vom 17.02.2015 angeforderten Unterlagen gingen am 01.04.2015 ein. Die weitere Prüfung der Antragsunterlagen ergab dann, dass noch Erklärungen/Nachweise darüber fehlten, wie der Lebensunterhalt des Klägers und seiner Ehefrau bestritten wurde und in welcher Höhe Nebenkosten anfielen. Diese wurden mit Schreiben vom 10.04.2015 angefordert und gingen am 23.04.2015 ein. Erst mit Vorlage aller Unterlagen war der Antrag bewilligungsreif. Bereits mit Schriftsatz vom 09.04.2015 (Eingang bei Gericht am 13.04.2015) hatte der Kläger da...

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