Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Ausstellung einer kostenfreien Wertmarke für Schwerbehinderte mit Merkzeichen G durch die Versorgungsverwaltung

 

Orientierungssatz

1. Nach § 145 Abs. 1 S. 10 Nr. 2 SGB 9 a. F. erhalten Schwerbehinderte, bei denen die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G festgestellt worden sind, und die für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel des 12. Buches erhalten, eine kostenfreie Wertmarke.

2. Verfügt der Betroffene über ein bedarfsdeckendes Einkommen, so ist die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt ausgeschlossen.

3. Ein Rückgriff auf § 27b SGB 12 zur Berechnung der Hilfe zur Pflege stellt keine Leistung in entsprechender Anwendung des 3. und 4. Kapitels des SGB 12 dar.

4. Eine analoge Anwendung von § 145 Abs. 1 S. 10 Nr. 2 SGB 9 a. F. ist ausgeschlossen, weil weder eine planwidrige Regelungslücke besteht noch aus Gründen der Gleichbehandlung geboten ist (BSG Urteil vom 25. 10. 2012, B 9 SB 1/12 R). Eine bloße wirtschaftliche Vergleichbarkeit ist nicht ausreichend.

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt A aus C für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

Nach § 73a SGG i.V.m. §§ 114, 115 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. hierzu im Einzelnen Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 73a Rn. 7a ff.).

Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht nicht entgegen, dass der Kläger zwischenzeitlich verstorben ist und dass sein Bevollmächtigter danach die Berufung zurückgenommen hat, da der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bereits zuvor entscheidungsreif gewesen und die Verzögerung der Entscheidung allein dem Gericht zuzurechnen ist (vgl. Schmidt, a.a.O., Rn 11b).

Die Berufung hat aber auch zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt.

Streitgegenstand ist die klägerische Forderung von 80 EUR auf Grundlage des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den vom Kläger verauslagten Eigenanteil für eine Wertmarke nach § 145 Abs. 1 Satz 3 SGB IX i.V.m. § 145 Abs. 1 Satz 4 ff. SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung (heute: § 228 Abs. 2 SGB IX) für den Zeitraum 2/2017 - 01/2018 gewesen (vgl. zur Klageart, zur Anspruchsgrundlage und zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt BSG, Urteil vom 06.10.2011 - B 9 SB 7/10 R, Rn. 19 ff., 28 ff., 32).

Der Kläger, bei dem zuletzt ein GdB von 100 und die gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen G, B und aG festgestellt worden waren, begehrte vom Beklagten ursprünglich die Ausgabe einer Wertmarke ohne Zahlung eines Eigenanteils nach § 145 Abs. 1 Satz 10 Nr. 2 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung. Er wohnte im maßgeblichen Zeitraum in einem Seniorenpflegezentrum und erhielt vom Rhein-Sieg-Kreis Hilfen in Einrichtungen nach dem SGB XII. Ausweislich der Berechnungsbögen des Rhein-Sieg-Kreises wurden konkret Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII sowie Pflegewohngeld gezahlt. Ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII bestand danach wegen ausreichenden einzusetzenden Einkommens nicht. Neben der Hilfe zur Pflege und dem Pflegewohngeld wurden dem Kläger vom Rhein-Sieg-Kreis nach dem SGB XII Bekleidungsbeihilfen und darlehensweise Leistungen zur Finanzierung von Zuzahlungen für Leistungen der Krankenversicherung gewährt. Der Kläger hat geltend gemacht, dass er im Ergebnis laufende Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII erhalten habe bzw. dass § 145 Abs. 1 Satz 10 Nr. 2 SGB IX a.F. aus Gründen der Gleichbehandlung auch in seinem Fall anzuwenden sei. Es stehe ihm letztlich nur ein Barbetrag in Höhe von 110 EUR monatlich zur Verfügung. In den Berechnungsbögen des Rhein-Sieg-Kreises werde ausdrücklich auf § 27b SGB XII Bezug genommen.

Gemäß § 145 Abs. 1 Satz 10 Nr. 2 SGB IX a.F. erhalten u.a. solche schwerbehinderten Menschen, bei denen die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G festgestellt worden sind, eine kostenfreie Wertmarke, die für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Zwölften Buches erhalten.

Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keine laufenden Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII bezogen und er ist auch weder im Wege der Analogie, noch von Verfassungs wegen so zu behandeln gewesen.

Wegen der Einzelheiten der Begründung nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 14.01.2019 und weist ergänzend auf Folgendes hin:

Der Rhein-Sieg-Kreis hat auf ausdrückliche Nachfrage einen Bezug laufender Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitels des SGB XII durch den Kläge...

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