Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Erteilung eines Bildungsgutscheins für eine Weiterbildungsmaßnahme durch den Grundsicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Arbeitnehmer können nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB 2 i. V. m. § 81 Abs. 1 S. 1 SGB 3 unter den dort genannten Voraussetzungen bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden.

2. Die Teilnahme an der Eingliederungsmaßnahme muss erwarten lassen, dass dem Arbeitnehmer infolge der Maßnahme ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann.

3. Nach § 81 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB 3 hat vor der Bewilligung eine Beratung des Arbeitnehmers stattzufinden. Die Entscheidung über die zu treffende Eingliederungsmaßnahme steht im Auswahlermessen des Leistungsträgers.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 22.4.2021 wird zurückgewiesen.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin L M aus Bielefeld bewilligt.

Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das Beschwerdeverfahren werden dem Antragsgegner auferlegt.

 

Gründe

I.

Streitig ist im Beschwerdeverfahren die Verpflichtung des Antragsgegners, vorläufig einen (neuen) Bildungsgutschein mit dem Bildungsziel "Umschulung zum Zerspannungsmechaniker" im Rahmen des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutzes zu erteilen.

Der Antragsteller absolvierte mit Unterstützung des Antragsgegners im Jahr 2018 eine Weiterbildungsmaßnahme als CNC Fachkraft.

Mit Bescheid vom 10.10.2019 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen für die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme bzw. an der Umschulungsmaßnahme zum Zugspannungsmechaniker für die Zeit vom 1.10.2019 bis zum 31.1.2022 in Form von Lehrgangsgebühren und Fahrtkosten i.H.v. 28.089,69 EUR. Im Prüfbogen des Antragsgegners hierzu wurde u.a. vermerkt:

Die Voraussetzungen des § 7 SGB II (förderfähiger Personenkreis) oder des § 3 Abs. 2 SGB II liegen vor =≫ JA

Ein Vorrang anderer Leistungen besteht nicht. =≫ NEIN [...]

Um die Eingliederungsziele zu erreichen, ist die Förderung notwendig, passgenau und erfolgsversprechend (§ 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 81 SGB III). =≫ JA

Die Förderung ist angemessen und wirtschaftlich. =≫ JA

Der Antragsteller begann mit der Weiterbildung am 1.10.2019 bei dem Maßnahmeträger, der Firma H GmbH und Co. KG (im Folgenden Maßnahmeträger). Die Maßnahme umfasste 370 Unterrichtstage und 146 Praktikumstage. Der Unterricht erfolgte im Trainingszentrum des C e.V. in Steinhagen.

Am 11.12.2019 mahnte der Maßnahmeträger den Antragsteller erstmalig ab. Er habe am 11.12.2019 im Trainingszentrum mit seinem Verhalten die Vorschriften verletzt und sei gegenüber einem anderen Umschüler handgreiflich geworden. In einem Gesprächsprotokoll vom 27.1.2020 wurde festgehalten, dass der Antragsteller innerhalb von zwei Wochen mehrfach, teilweise deutlich zu spät gekommen sei. Daher werde für ihn ein Tag unentschuldigtes Fehlen eingetragen. Es wurde festgehalten, dass der Antragsteller abgemahnt werde, wenn sich sein Verhalten nicht ändern sollte.

Im Februar 2020 schloss der Antragsteller mit der Fa. A Zerspannungstechnik in Werther und seinem Maßnahmeträger einen Praktikumsvertrag für die Zeit vom 2.3.2020 bis zum 5.6.2020. Dieses Praktikum wurde vorzeitig zum 17.4.2020 abgebrochen. Im April 2020 schloss der Antragsteller mit der Firma B Spann- und Zerspannungstechnik GmbH in Bielefeld und seinem Maßnahmeträger einen neuen Praktikumsvertrag für die Zeit vom 22.4.2020 bis zum 5.6.2020.

Am 17.4.2020 mahnte der Maßnahmeträger den Antragsteller erneut ab. Der Antragsteller sei mehrfach, am 14.4., 15.4. und 16.4.2020 zu spät zu seinem Praktikumsplatz erschienen. Eine dritte Abmahnung erfolgte am 23.6.2020, wonach der Antragsteller am 23.6.2020 zu spät zu seinem Umschulungsbetrieb erschienen sei und sich bewusst nicht abgemeldet habe.

Am 25.6.2020 kündigte der Maßnahmeträger das Umschulungsverhältnis. Der Antragsteller habe seine vertraglichen Verpflichtungen im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahme mehrfach verletzt. Vor diesem Hintergrund sei in Absprache mit dem Antragsgegner die Schulungsmaßnahme bei der IHK mit Stichtag zum 25.6.2020 ausgetragen worden.

Mit Bescheid vom 1.7.2020 hob der Antragsgegner seinen Bescheid über die Bewilligung von Leistungen für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme, d.h. den Bescheid vom 10.10.2019, ab dem 26.6.2020 auf. Die Maßnahme sei zum 25.6.2020 beendet worden, so dass damit auch der Anspruch auf die am 10.10.2019 bewilligten Leistungen erlösche. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Im Rahmen der vom Antragsteller gegen den Maßnahmeträger eingeleiteten Kündigungsschutzklage signalisierte dieser mit Schriftsatz vom 25.11.2020 grundsätzlich Vergleichsbereitschaft sowie die Bereitschaft zur Fortsetzung des Umschulungsverhältnisses.

Hierüber informierte der Bevollmächtigte des Antragstellers den Antragsgegner am 8.12.2020. Unter Bezugnahme auf die laufenden Vergleichsg...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge