Tenor

Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller einen vorläufigen Bildungsgutschein für die berufliche Weiterbildungsmaßnahme "Umschulung zum Zerspanungsmechaniker" zu erteilen.

Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

Der Antragsgegner trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

 

Gründe

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob der Antragsgegner im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches -SGB X- zu verpflichten ist, die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Fortsetzung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme als Zerspanungsmechaniker rückgängig zu machen, hilfsweise, ob er zur Erteilung eines vorläufigen Bildungsgutscheins mit dem Bildungsziel "Umschulung zum Zerspanungsmechaniker" zu verpflichten ist.

Der Antrag ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

Im Hinblick auf das einstweilige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist das Verfahren nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einschlägig.

Gemäß § 86 b Abs. 2 S. SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch als einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch bei zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (den Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 86 b Rdnrn. 27 ff. und 29 m.w.N.).

Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Nach offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen sich die Gerichte stützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (Bundessverfassungsgericht - BVerfG - Beschluss vom 12.05.2005, AZ: 1 BvR 569/05).

Sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte. Die Überzeugungsgewissheit für tatsächliche Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes erfordert nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (Keller, a.a.O., Rdnrn. 16 d und 16 c).

Soweit der Antragsteller im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X die Aufhebung des Bescheides vom 01.07.2020 über die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen (Lehrgangsgebühren und Fahrtkosten) zur Teilhabe an der beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zum Zerspanungsmechaniker begehrt, ist ein Anordnungsgrund nicht gegeben. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller gegen diesen Bescheid keinen Rechtsbehelf eingelegt hat und dieser somit in Bestandskraft erwachsen ist, sodass der Bescheid für das Gericht und die Beteiligten nach § 77 SGG bindend ist.

Der Antragsteller hat zwar am 08.12.2020 insoweit einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt, den der Antragsgegner mit Bescheid vom 17.12.2020 abschlägig entschieden hat und aufgrund des Widerspruchs des Antragstellers der Überprüfungsbescheid noch nicht bestandskräftig ist.

An im Rahmen eines laufenden Überprüfungsverfahre...

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