Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Wege des einstweiligen Rechtschutzes
Orientierungssatz
1. Zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung durch einstweiligen Rechtschutz ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes gemäß §§ 20 SGB 2, 86b Abs. 2 SGG erforderlich. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist.
2. Ein bindend gewordener ablehnender Bescheid des Grundsicherungsträgers für den maßgeblichen Bewilligungszeitraum steht der erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs entgegen.
3. Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, wenn Eilbedürftigkeit i. S. einer dringenden gegenwärtigen Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht, besteht. Ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache muss unzumutbar sein.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.04.2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K, I-Straße 00, X, für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren die einstweilige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Die Antragsteller sind bulgarische Staatsangehörige. Die Antragsteller zu 1) und 2) sind miteinander verheiratet und die Eltern der minderjährigen Antragsteller zu 3) bis 5). Seit 15.01.2017 halten sich die Antragsteller im Bundesgebiet auf. Derzeit bewohnen sie eine Mietwohnung im Zuständigkeitsbereich des antragsgegnerischen Jobcenters.
Die Antragstellerin zu 2) ging zuletzt einer Erwerbstätigkeit bei der I1 Dienstleistungen GmbH nach. Zu Ende Februar 2020 kündigte die I1 Dienstleistungen der Antragstellerin zu 2), die daraufhin zum 02.03.2020 eine Erwerbstätigkeit bei der E-Agentur L J mit einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu einem Stundenlohn von 10 Euro aufnahm.
Zudem beziehen die Antragsteller Kindergeld in Höhe von insgesamt 618 Euro monatlich.
Der Antragsgegner bewilligte den Antragstellern zuletzt vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.10.2019 bis 31.03.2020 (Bescheid vom 17.09.2020), hob diese Bewilligung aber mit Wirkung zum 01.12.2019 wieder auf (Bescheid vom 05.12.2019; Widerspruchsbescheid vom 03.03.2020), weil Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller bestünden. So nehme der Antragsteller zu 1) nach den Informationen des Antragsgegners Aufträge seines Vermieters wahr. Zudem habe ein Hausbesuch ergeben, dass sich wechselnde Personen in der Wohnung der Antragsteller aufhielten, bei denen es sich angeblich um Besuch handle. Hinsichtlich deren Aufenthaltsdauer widersprächen sich allerdings die Angaben der Antragsteller zu 1) und 2). Weiter kenne der Antragsteller zu 1) von wiederkehrenden Besuchern, bei denen es sich angeblich um Verwandte der Antragstellerin zu 2) handle, nicht einmal den Namen.
Am 04.06.2020 haben die Antragsteller erneut Leistungen beim Antragsgegner beantragt. Dieser versagte die Erbringung von Leistungen aufgrund mangelnder Mitwirkung (Bescheid vom 15.06.2020).
Die Antragsteller haben gegen den Aufhebungsbescheid vom 05.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2020 Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben (S 40 AS 1004/20). Zudem haben sie am 19.03.2020 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
Zur Begründung ihres Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes haben sie vorgetragen, sowohl hinsichtlich der angeblichen Aufträge des Vermieters wie auch der Besucher in ihrer Wohnung enthalte der Widerspruchsbescheid lediglich vage Andeutungen. Diese seien derart unkonkret, dass sie sich gegen diese nicht verteidigen könnten. Der Antragsgegner gebe weder an, welche Art von Aufträgen, noch, welche Vergütung der Antragsteller zu 1) von seinem Vermieter erhalten solle. Richtig sei, dass der Antragsteller zu 1) seinem Vermieter und Nachbarn an Sperrmülltagen helfe; hierbei handle es sich aber um Gefälligkeiten. Hinsichtlich der Besucher teile der Antragsgegner weder mit, welche Besucher sich wie lange bei ihnen aufgehalten haben sollen, noch, dass es sich um Daueraufenthalte handle; letzteres haben die Antragsteller ausdrücklich bestritten.
Die Antragsteller haben schriftsätzlich beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen im Rahmen einer einstweiligen Anordnung Regelleistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung des Einkommens und des Kindergeldes ab Antragstellung zu gewähren.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 19.03.2020 zurückzuweisen.
Das Einkommen aus den Erwerbstätigkeiten der Antragstellerin zu 2) sowie der Kindergeldbezug reichte...