Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine höheren Leistungen im eA-Verfahren für Unterkunft nach § 22 SGB 2 bei nicht genehmigtem Umzug, wenn nicht mit Kündigung zu rechnen ist

 

Orientierungssatz

1. Beim Antrag auf Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Wege einer einstweiligen Anordnung kann die Erfolgsaussicht und damit ein Anordnungsanspruch nicht verneint werden, wenn zur Klärung der gesundheitlichen Erforderlichkeit des Umzugs die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens in der Hauptsache erforderlich ist.

2. Im eA-Verfahren besteht kein Anordnungsgrund bezüglich der Übernahme höherer Kosten für Unterkunft und Heizung bei einem Umzug, dem der kommunale Träger nicht zugestimmt hat, wenn ohne den beantragten Erlass der einstweiligen Anordnung nicht ernsthaft mit einer Kündigung oder Räumungsklage zu rechnen ist.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 07.12.2006 geändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin N beigeordnet.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin auf Zahlung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Anspruch. Hierbei ist insbesondere streitig, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 300,18 Euro monatlich zu übernehmen.

Die 1952 geborene Antragstellerin leidet auf psychiatrischem Fachgebiet unter Depressionen sowie unter einer Angststörung. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt. Sie bewohnte bis zum 30.09.2006 eine ca. 38 m² große Wohnung. Der monatlich zu entrichtende Mietzins belief sich incl. Betriebs- und Heizungskosten auf 190,51 Euro. In Addition mit der Regelleistung in Höhe von 345,00 Euro ergab sich ein Gesamtbetrag der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 535,51 Euro, den ihr die Antragsgegnerin für die Zeit vom 01.06.2006 bis 30.11.2006 zuerkannte (Bescheid vom 05.05.2006).

Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 28.08.2006 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie in die Nähe ihres Sohnes ziehen wolle, da sie aufgrund verschiedener Erkrankungen auf Hilfe angewiesen sei. Da in dem selben Haus, in dem ihr Sohn und ihr geschiedener Ehemann lebten, eine Wohnung frei geworden sei, beantrage sie die Zustimmung zum Umzug. Sie legte ein Attest der Assistenzärztin C vom 28.08.2006 vor. In diesem Attest wurde ein Umzug in die nähere Umgebung ihrer Angehörigen befürwortet. Die Entfernung zwischen der alten und der neuen Wohnung beläuft sich auf etwa 300 Meter. Einer von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Untersuchung durch einen Amtsarzt des Kreises S stand die Antragstellerin ablehnend gegenüber, erklärte sich jedoch mit der Untersuchung durch einen Arzt des ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit einverstanden.

Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin mit, dass die Zustimmung zum Umzug nicht erteilt werde (Schreiben vom 04.09.2006). Am 13.09.2006 schloss die Antragstellerin den Mietvertrag über die 42,06 m² große Wohnung ab. Die Nettomiete beläuft sich auf 234,30 Euro (42,60 m² x 5,50 Euro). Für die Heiz- bzw. Betriebskosten hat die Antragstellerin 50,00 Euro bzw. 45,70 Euro zu entrichten.

Für die Zeit vom 01.10.2006 bis 30.11.2006 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 535,51 Euro (Änderungsbescheid vom 25.09.2006). Diesem Bescheid widersprach die Antragstellerin.

Mit ihrem am 02.10.2006 erhobenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat die Antragstellerin geltend gemacht, dass sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf den Umzug in die neue Wohnung angewiesen gewesen sei. Der Kontakt zu ihren unmittelbaren Angehörigen habe bereits dazu geführt, dass die bei ihr auftretenden Angstattacken in ihrer Frequenz und Intensität nachgelassen hätten. Angesichts dessen sei die Antragsgegnerin verpflichtet, jedenfalls die angemessenen Kosten der Unterkunft (4,80 EUR pro m²) sowie die Heizungs- und Betriebskosten zu übernehmen.

Die Antragstellerin hat schriftsätzlich beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab 01.10.2006 Leistungen für ihre Unterkunft und Heizung in Höhe von 300,18 Euro zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin hat schriftsätzlich beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat vorgetragen, dass die Antragstellerin jedenfalls bislang nicht das Erfordernis eines Umzuges nachgewiesen habe.

Das Sozialgericht hat Befundberichte der Assistenzärztin C, des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L sowie der Assistenzärztin S eingeholt. Auf den Inhalt der Berichte vom 27.10.2006, 06.11.2006 und vom 27.11.2006 wird Bezug genommen. Die Antragsgegneri...

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