Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Abrechnungsbescheid

 

Orientierungssatz

1. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Sicherungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG setzt die Gefahr voraus, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder erschwert wird. Die Rechtsverwirklichung wird vereitelt, wenn sich das gefährdete Recht im Hauptsacheverfahren nicht mehr durchsetzen lässt.

2. Die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz ist insbesondere dann geboten, wenn eine Verletzung des Gebotes, effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG zu gewähren, zu besorgen ist.

3. Macht der Antragsteller mit seinem Eilrechtsgesuch geltend, die Zwangsvollstreckung aus einem Abrechnungsbescheid bis zur Entscheidung in der Hauptsache einzustellen, so ist ein solcher Antrag mangels eines glaubhaft gemachten Anordnungsgrundes abzulehnen, wenn eine Vollstreckung derzeit erfolglos erscheint. Das ist u. a. dann der Fall, wenn gegen den Antragsteller vorrangige Pfändungen bestehen, pfändbare Beträge aber wegen Insolvenz nicht abgeführt werden. Damit fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund.

4. Ist ein Anordnungsgrund in einem solchen Fall offensichtlich nicht dargetan, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung auch dann nicht in Betracht, wenn der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen wird.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.10.2010 abgeändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 12.165,88 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob der Antragsgegnerin ein durchsetzbarer Anspruch gegen den Antragsteller aus dem Abrechnungsbescheid vom 24.01.2001 zusteht. Das Hauptsachverfahren ist zum Az. S 14 KA 403/10 beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf anhängig.

Der Antragsteller ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Ausweislich des bestandskräftigen Quartalskonto/Abrechnungsbescheides vom 24.01.2001 für das Quartal III/2000 macht die Antragsgegnerin gegen ihn mittels vollstreckbarer Ausfertigung vom 05.02.2001 eine Forderung in Höhe von 95.177,57 DM (= 48.663,52 EUR) geltend. Auf Antrag der Antragsgegnerin vom 21.05.2001 erließ das Amtsgericht (AG) C am 25.05.2001 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (30 M 1671/01) an die Nordrheinische Ärzteversorgung als Drittschuldnerin auf die Rentenanwartschaften des Antragstellers. Die Zustellung an die Drittschuldnerin erfolgte am 11.06.2001. Diese teilte der Antragsgegnerin am 13.06.2001 mit, dass die gepfändete Forderung anerkannt werde und vier Vorpfändungen in Höhe von ca. 56.000,00 DM zzgl. Kosten und Zinsen vorlägen. Am 21.05.2001 ging beim AG Köln der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers ein. Mit Beschluss vom 18.02.2002 - 71 IN 5/02 - eröffnete das AG das Insolvenzverfahren. Die Restschuldbefreiung wurde am 17.02.2009 erteilt. Die Nordrheinische Ärzteversorgung teilte der Antragsgegnerin mit (Schreiben vom 23.04.2009), sie gehe von einer Erledigung der Pfändung aus, nachdem der Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom Insolvenzverfahren erfasst worden sei. Dem widersprach die Antragsgegnerin mit dem Bemerken, der Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses werde von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berührt.

Der Antragsteller hat am 13.08.2010 Klage erhoben und zugleich um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Der Anspruch der Antragsgegnerin sei durch die erteilte Restschuldbefreiung erloschen und die Zwangsvollstreckung aus dem Abrechnungsbescheid vom 24.01.2001 daher unzulässig. Einstweiliger Rechtsschutz sei geboten, da die Antragsgegnerin die Zwangsvollstreckung betreibe. Er beziehe bereits seit dem 01.05.2009 eine Altersversorgung von der Nordrheinischen Ärzteversorgung in Höhe von monatlich 1.557,79 EUR. Die Rentenansprüche seien zur Aufrechterhaltung seines aktuellen und auf diese Ansprüche ausgerichteten Lebensstandards notwendig. Würde die Antragsgegnerin aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vorgehen, hätte dieses für ihn zwingend nicht zu duldende Einschränkungen bezüglich seines Lebensstandards zur Folge, welche nicht wieder rückgängig zu machen seien.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus dem Abrechnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 24.01.2001 zu Praxisnummer 000 für das Quartal III/2000 bis zum Erlass des Urteils in dieser Sache einstweilen einzustellen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Es fehle an einem Anordnungsanspruch. Die Forderung sei bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verstrickt gewesen. Die durch eine wirksame Pfändung erlangte öffentlich-rechtliche Beschlagnahme und Verstrickung werd...

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